Der Film der Woche

Märzengrund

25.08.2022

Das Genre des Heimatfilms hat inzwischen unter Kinoliebhabern einen sehr schlechten Ruf – dafür waren die Werke besonders aus den 1950er-Jahren einfach zu peinlich und zu kitschig. Doch wie es auch anders geht, zeigt uns der österreichische Regisseur Adrian Goiginger („Die Beste aller Welten“) in seinem zweiten Spielfilm MÄRZENGRUND – gedreht nach dem gleichnamigen Theaterstück des renommierten Dramatikers Felix Mitterer. Diese poetische Reflexion über Sinnsuche und Tod wird uns alle verzaubern.

Als Sohn eines reichen Großbauern aus dem Tiroler Zillertal ist das Leben des 18-jährigen Elias (Jakob Mader) eigentlich vorbestimmt: Irgendwann wird er den Hof seines Vaters (Harald Windisch) übernehmen. Doch er fühlt sich den Anforderungen nicht gewachsen. Stattdessen bandelt er in der Dorfdisco mit der deutlich älteren, bereits geschiedenen Moid (Verena Altenberger) an. Als sein Vater das Paar beim nächtlichen Nacktbaden im Alpensee entdeckt, ist es mit der jungen Liebe vorbei. Der Vater schickt Elias zur Bestrafung auf die Hochalm „Märzengrund“, wo dieser wieder zu sich finden soll. Doch dem ist dies nicht genug – es zieht ihn immer weiter in einsame Höhen, wo er sich aus Steinen und gefällten Bäumen eine primitive Hütte baut, die jedem Wetter trotzen muss. Einzige Kontaktperson ist ein umherwandernder Bergbauer, die ihm Tipps zum Überleben gibt – und auch gelegentlich Nachrichten aus dessen Elternhaus aus dem Tal mitbringt.

40 Jahre lang lebt Elias (inzwischen: Johannes Krisch) sein entbehrungsreiches Leben als Einsiedler – ein in sich ruhender Mann, der nicht mehr als dies vom Dasein erwartet. Doch dann kommt der unerträgliche Schmerz im Unterleib. Zuvor hatte ihn die (scheinbar noch junge) Moid auf der Hütte besucht. Wir begreifen schnell: Sie ist kurz zuvor gestorben und will ihn noch einmal sehen – den Mann, den sie nie vergessen hat. Und Elias verspricht, ihr bald zu folgen. Ein Rettungshubschrauber bringt den Todkranken ins Hospital: Prostatakrebs im Endstadium. Doch seine ihn besuchende, nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmte Mutter (Gerti Drassl) stellt klar: „Du gehst nicht vor mir!“

Die Symbolik nimmt jetzt überhand – schließlich ist die Vorlage ein Theaterstück. Ein Falke fliegt gegen die Fensterscheibe des Krankenzimmers. Elias kann den nur benommenen Greifvogel retten und in die Freiheit entlassen. Doch der Tod ist allgegenwärtig.

Wie lebt man abseits der Zivilisation? Was ist wichtig, um am Ende sagen zu können: Ich hatte trotz allem ein erfülltes Leben? Regisseur Adrian Goiginger macht es uns nicht einfach, die Essenz dieser archaischen Geschichte zu verstehen. Der an Originalschauplätzen im Zillertal gedrehte Film besticht durch seine atemberaubenden Naturaufnahmen und durch sein Gefühl für die Einsamkeit, das uns Zuschauern fast abhanden gekommen ist. MÄRZENGRUND ist reinste Alpen-Poesie!

Trailer

ab12

Originaltitel

Märzengrund (Österreich / Deutschland 2022)

Länge

110 Minuten

Genre

Drama

Regie

Adrian Goiginger

Drehbuch

Adrian Goiginger, Felix Mitterer

Darsteller

Jakob Mader, Johannes Krisch, Gerti Drassl, Harald Windisch, Verena Altenberger, Iris Unterberger, Carmen Gratl

Verleih

Prokino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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