Hive

08.09.2022

Ein Film aus einem Land, das kaum jemand kennt: HIVE (auf deutsch: Bienenstock) ist das Spielfilmdebüt von Blerta Basholli aus dem Kosovo. Beim Filmfest Hamburg 2021 gewann der Film völlig verdient den NDR-Nachwuchspreis. Die Regisseurin erzählt hier eine wahre Geschichte aus ihrer Heimat über eine starke Frau, die vom Krieg geprägt ist – sich aber nicht unterkriegen lassen will.

Fahrije Hoti (Yilka Gashi) muss sich nach dem Verschwinden ihres Mannes während des Kosovo-Krieges allein um ihre zwei Kinder kümmern. Der Ort, in dem sie lebt, wird inzwischen nur noch das „Dorf der Witwen“ genannt. Bei einem serbischen Angriff waren damals (1999) alle jungen Männer verschleppt worden – gefunden wurde nur die Kleidung der Verschwundenen. Ihr Mann hatte vor Jahren im Garten einige Bienenkörbe angelegt, und sie versucht, den produzierten Honig auf dem Markt von Pristina zu verkaufen. Doch die Bienen schwächeln, und Fahrije wird ständig gestochen. Wie will sie ihre Familie ernähren?

Als in einem Massengrab wieder Kleidung gefunden wird, versucht sie, ihren Schwiegervater zu überreden, endlich einen DNA-Test zu machen, um Gewissheit zu haben. Doch der weigert sich: „Mein Sohn lebt noch.“ So kommt Fahrije auf die wahnwitzige Idee, den Führerschein zu machen, um mit befreundeten Frauen eine landwirtschaftliche Genossenschaft zu gründen: in eigener Herstellung zu Hause Ajvar, die klassische Paprikapaste des Balkan, zu produzieren und dem heimischen Supermarkt zu verkaufen. Doch das Dorf ist immer noch patriarchisch geprägt. Bei der nächsten Fahrt durch den Ort landet ein Stein in ihrer Autoscheibe. Die alten Männer, die der Krieg verschont hatte, sind leider unbelehrbar.

Als Fahrije die (nicht mehr benötigte) Kreissäge ihres Mannes verkaufen will, ist ihr Schwiegervater zunächst dagegen (siehe oben!). Doch dann akzeptiert er sogar einen DNA-Test. Und die Genossenschaft wird ein voller Erfolg. Inzwischen ist die (echte) Fahrije eine erfolgreiche Unternehmerin – doch ihr Mann ist nie wieder aufgetaucht. Für das Finale findet die Regisseurin Blerta Basholli eine wunderbare Metapher: Wir sehen Fahrije wieder bei den Bienen – und dieses Mal wird sie nicht gestochen!

HIVE ist mit seinen 83 Minuten scheinbar ein nur kleiner Film. Doch die Regisseurin Blerta Basholli, die in New York studiert hat, findet in ihrem poetischen Meisterwerk die filmische Größe, die dieses Thema braucht. In unaufdringlichen, aber sehr intensiven Tableaus zeigt sie ein kleines Land, das zwischen den europäischen Mächten aufgerieben wird. Und die UN tut nichts – dafür ist eine entscheidende Szene besonders bezeichnend. Auf den ersten Blick ist HIVE sehr privat – doch der Film ist stattdessen sehr politisch – und sehr traurig. Ein Meilenstein!

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab12

Originaltitel

Hive (Kosovo, Albanien, Nordmazedonien, Schweiz 2021)

Länge

83 Minuten

Genre

Drama

Regie

Blerta Basholli

Drehbuch

Blerta Basholli

Darsteller

Yllka Gashi, Çun Lajçi, Aurita Agushi, Kumrije Hoxha

Verleih

jip film & verleih GbR

Filmwebsite

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