Auch so fangen Weltkarrieren an! Bereits mit seinem Spielfilmdebüt FOLLOWING von 1998 bewies der 1970 in London geborene Regisseur Christopher Nolan seine Vorliebe für hintergründig vertracktes Kino. Jetzt haben Filmfans die Gelegenheit, dieses kaum bekannte Debüt zum ersten Mal oder nach langer Pause noch einmal auf der großen Leinwand zu bewundern. Es lohnt sich!
In Personalunion als Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann drehte Nolan diesen geheimnisvollen Neo-Noir-Thriller in schmucklosem Schwarzweiß – für nur rund 6000 Dollar. Der damalige Literaturstudent besetzte die Rollen mit Kommilitonen, Freunden und Verwandten. Die Dreharbeiten mit einer 16-mm-Kamera dauerten mehr als ein Jahr, da auf Grund der regulären Jobs der Schauspieler und Crew-Mitglieder oft nur sonnabends inszeniert werden konnte. Doch das fertige Produkt ist verblüffend genug.
Der erfolglose Schriftsteller Bill (Jeremy Theobald) verfolgt auf der Suche nach Inspiration fremde Menschen durch die Straßen von London. Erst allmählich merkt der Zuschauer, dass der Film auf mindestens drei Zeitebenen spielt. Eine davon ist das Verhör eines Polizisten (John Nolan, der Onkel des Regisseurs), der Bill zu dessen Beweggründen ausfragt. In einem Café spricht einer der Verfolgten Bill an und dreht einfach den Spieß um. Der joviale Schwätzer stellt sich als Cobb (Alex Haw) vor und entpuppt sich als skrupelloser Einbrecher. Er überredet Bill zu einem gemeinsamen Beutezug. Dabei werden sie in einer Wohnung von der unvermutet auftauchenden Besitzerin (Lucy Russell) und deren Lover überrascht – können aber rechtzeitig fliehen. Bill findet Gefallen an der Blondine und macht sich in einer Bar – mit verändertem Aussehen – an die Schöne ran. Beide werden ein Paar.
Die Frau behauptet, sie werde von einem Gangster wegen angeblicher Pornofotos erpresst und bittet Bill um Hilfe. Was dieser nicht weiß – aber wir Kinozuschauer: Die Blondine steckt mit Cobb unter einer Decke. Jetzt wird es dramatisch…
Das alles müssen wir uns im Laufe der (nur!) 71 Minuten Filmlänge zusammenreimen. Und das Ende ist mehr als verblüffend! Natürlich besitzt auch FOLLOWING die typischen Anfängerfehler eines billig gedrehten Debüts. So greifen manche Handlungsstränge unvermutet ins Leere. Doch wohlgemerkt: Auch in David Lynchs spektakulärem Spielfilmdebüt „Eraserhead“ gelang nicht alles.
FOLLOWING ist hermetisch, extrem sperrig und wahrlich überhaupt nicht eingängig. Eine verstörende Reise durch die Straßen von London! Zwei Jahre später (2000) überraschte Christopher Nolan uns alle mit seinem Meisterwerk „Memento“. Der Rest ist Geschichte…
Following (Großbritannien 1998)
71 Minuten
Thriller
Christopher Nolan
Christopher Nolan
Jeremy Theobald, Alex Haw, Lucy Russell
Drop-Out Cinema eG