Der Spitzenkandidat

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Im Jahre 1989 war Senator Gary Hart ein großer Hoffnungsträger für junge Wähler und galt bereits als Spitzenkandidat der Demokraten bei der Präsidentschaftsvorwahl galt. Doch dann brachte eine außereheliche Affäre mit Donna Rice seine gesamte Kampagne ins Wanken. Zum ersten Mal verschmolzen Boulevardjournalismus und politischer Journalismus miteinander – und Senator Hart war gezwungen, aus dem Rennen um die Präsidentschaft wieder auszusteigen. Dies hatte tiefe und nachhaltige Auswirkungen auf die US-Politik und die gesamte Weltbühne.

Kritik

In DER SOITZENKANDIDAT erzählt Regisseur Jason Reitman vom Fall eines Politikers, der über eine außereheliche Affäre stolpert – und das zu einer Zeit, in der es noch kein Internet gab…

Heute kann man sich kaum noch vorstellen, dass es einmal eine Zeit gab, in der die politische Berichterstattung komplett getrennt lief von der Unterhaltungsindustrie. Inzwischen sind die Grenzen schwimmend und meist kaum noch auszumachen. Daher stellt der Fall des Gary Hart auch so etwas wie eine Zeitenwende dar. Niemals zuvor hatten sich die Medien so sehr auf das Privatleben eines Politikers eingeschossen, wie in diesem Fall. Plötzlich war alles, was Hart politisch erreicht hatte, irrelevant – es zählte nur seine private Verfehlung.

Das Besondere an DER SPITZENKANDIDAT ist aber, dass der Film unbewusst einen Bogen in die heutige Zeit spannt. „Ich wollte, dass der Zuschauer sich ständig die Frage stellt, was wirklich wichtig ist“. Dabei ging es ihm nicht darum, dass man niemals über persönliche Verfehlungen in der Politik sprechen sollte, sondern vielmehr was in den Hintergrund gerät, wenn man den kompletten Fokus darauf legt.

Schauspielerisch ist DER SPITZENKANDIDAT natürlich auf allerhöchstem Niveau. Hugh Jackman gelingt es, sowohl die Leichtigkeit der damaligen Zeit einzufangen, als auch die Unbeholfenheit, mit der seine Figur mit der Krise umgeht. So bietet der Film einen interessanten Blick in die jüngere Vergangenheit und die Erkenntnis, dass sich gewisse Verhaltensmuster bis heute nicht wirklich verändert haben. Nur werden sie heute vollkommen anderes bewertet. Ob das nun gut oder schlecht ist, liegt einzig und allein im Auge des Betrachters. Denn auf eines verzichtet Jason Reitman: Er bewertet die Geschehnisse nicht, er beobachtet nur. Und das macht er verdammt gut.