Der letzte Takt

12.06.2025

Wenn ein Regisseur und Drehbuchautor einen Film über ein Kammerorchester drehen will, muss er sich zuvorderst auf eine Person verlassen können: auf den musikalischen Berater. Und hier liegt in der schwarzen Komödie DER LETZTE TAKT des Isländers Sigurjón Kjartansson doch einiges im Argen.

Der lokale Musikkritiker bekommt im Film als „Niete“ so richtig sein Fett weg – doch er hat Recht: Ein Sextett aus Streichern ist KEIN Kammerorchester. Und wenn bei einer Aufführung einer Sextett-Bearbeitung eines Beethoven-Streichquartetts die einzelnen Abschnitte im Film lieblos und falsch kombiniert werden, bekommt der Musik-Experte das kalte Grausen.

So viel vorweg – doch jetzt zum Film selbst: Wir erleben sechs tapfere Musiker in Reykjavik, die ums berufliche Überleben kämpfen. Die staatliche Förderung steht kurz vor dem Aus, der Konzertsaal ist marode, und es kommen kaum noch Zuschauer. Doch auch diesmal verkündet Konzertmeisterin Sigríður (Helga Braga Jónsdóttir) nach der Probe von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ zuversichtlich: „Das ist doch wieder mal wunderbar gelaufen.“ Der Schein trügt – Intrigen nagen längst am Image des Kammerorchesters.

Rettung naht in der Gestalt des weltberühmten Cellisten Klemens (Hilmir Snær Guðnason), der nach Jahrzehnten in seine Heimat zurückkehren will. Seine bloße Anwesenheit könnte dem Orchester die dringend benötigte Aufmerksamkeit schenken und seine Zukunft sichern. Zu dumm: Ein Gerücht macht die Runde, Klemens musste wegen sexueller Übergriffe seine erfolgreiche Tournee vorzeitig beenden. Will er sich in Reykjavik womöglich nur „verstecken“?

Die Damen des Ensembles merken schon bald nach Klemens’ Ankunft, welchen widerlichen Womanizer sie da engagiert haben. Doch das große Konzertereignis in Anwesenheit der politischen Prominenz naht – und es gibt kein Zurück mehr. Aber dann geschieht ein Malheur, das wirklich niemand voraussehen konnte…

Wer sich in der Filmgeschichte mit den makabren Biografien von „Harry“ und „Bernie“ ein bisschen auskennt, ahnt möglicherweise schon etwas – alle anderen lassen sich bitte überraschen. Wir erleben ein zu allem entschlossenes Kammerorchester, das den Abend retten will – koste es, was es wolle.

Ein bisschen #MeToo-Debatte, ein bisschen überdrehter Humor – und viel klassische Musik. Regisseur und Drehbuchautor Sigurjón Kjartansson griff in DER LETZTE TAKT tief in die Klamotten-Kiste – oft am Rande der Lächerlichkeit. Leider kein großer Wurf aus dem Kino-Wunderland Island!

Trailer

ab16

Originaltitel

(Island 2024)

Länge

95 Minuten

Genre

Komödie

Regie

Sigurjón Kjartansson

Drehbuch

Sigurjón Kjartansson

Kamera / Director of Photography (DOP)

Bergsteinn Björgulfsson

Darsteller

Helga Bragan Jónsdóttir, Hilmir Snær Guðnason, Ilmur Kristjánsdóttir, Halldór Gylfason

Verleih

mindjazz pictures UG

Filmwebsite

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