Adiós Buenos Aires

11.05.2023

Es gibt Filme, in denen auf wunderbare Weise das Private und das Politische eine Einheit bilden und sich dabei raffiniert verzahnen. So auch in dem Liebes- und Musik-Melodram ADIÓS BUENOS AIRES des 1968 in Argentinien geborenen Regisseurs German Kral, der seit 1991 in Deutschland lebt und nach mehreren Dokumentarfilmen erst jetzt sein Spielfilmdebüt vorlegt.

Buenos Aires 2001: Argentinien erlebt die schwerste Wirtschaftskrise seiner Geschichte. In diesem politischen Chaos sieht der geschiedene Julio Färber (Diego Cremonesi), Besitzer eines kleinen, erfolglosen Schuhgeschäfts, nur noch eine Möglichkeit: Mit seiner pubertierenden Teenagertochter Paula (Violeta Narvay) und seiner deutschstämmigen Mutter Dorothe (Regina Lamm) will er nach Berlin auswandern – die deutschen Pässe hat er bereits in der Botschaft abgeholt.

Doch leider hat Julio ein Hobby, das er nicht ohne weiteres aufgeben will: In einer Tango-Kapelle spielt er mit großer Leidenschaft das Bandoneon, ein Musikinstrument, das auf ewig mit Argentinien verbunden ist. In ihrer Stammkneipe hat die Band bei ihrem wöchentlichen Konzert eine feste Fangemeinde – will er das alles aufgeben? Sogar dem Chef der Combo, dem Geiger Atilio (Manuel Vicente), hat er noch nichts von seinen Plänen verraten. Denn just zuvor hat sich der Sänger der Band ins Ausland verabschiedet. Auf der Suche nach dessen Nachfolger werden die Männer in einem Altersheim fündig: Sie überreden Ricardo Tortorella (Mario Alarcón), einst der berühmteste Tango-Sänger des Landes, bei ihnen mitzumachen. Und der Erfolg stellt sich schnell ein.

Bei einer Routinefahrt quer durch die Millionen-Metropole kracht eine bei Rot über die Kreuzung gefahrene Taxifahrerin in seinen geliebten Peugeot: Totalschaden! Dabei war der Wagen doch schon so gut wie verkauft und das Geld sollte den Neuanfang in Deutschland sichern. Doch die temperamentvolle Mariela (Marina Bellati) beschimpft ihn und haut einfach ab. Zum Glück hatte sich Julio den Namen des Taxiunternehmens gemerkt. Eines Abends steht Mariela vor seiner Tür und bittet ihn, den Schaden selbst zu bezahlen – sie fahre nämlich mit gefälschten Versicherungspapieren, und das darf nicht auffliegen. Dieser Beruf sei die einzige Möglichkeit, um sich und ihren taubstummen Sohn Pablito in diesen schwierigen Zeiten durchzubringen.

Dann überschlagen sich die Ereignisse: Die Banken sperren alle Konten, jeder Argentinier darf monatlich nur noch einen Mini-Betrag abheben. Die Proteste der Bürger eskalieren und gipfeln in blutigen Straßenschlachten, die der Regisseur mit klug ausgewählten TV-Ausschnitten dokumentiert. Julio hat seine Wohnung und sein Geschäft längst gekündigt – doch dann wollen Mutter und Tochter nicht mehr mit. Und das Auto ist immer noch ein Schrotthaufen. Aber dann kommen sich der schüchterne Julio und die kratzbürstige Mariela langsam näher.

Der Tango, die Liebe und ein kaputtes, korruptes Land – große Themen eines herzerwärmenden Films. Hier hat es ein Regisseur verstanden, diese scheinbar disparaten Elemente in ein schlüssiges Ganzes zu verwandeln. Es wird viel gesungen und getanzt in ADIÓS BUENOS AIRES – und einmal muss die Combo zähneknirschend sogar ein Privatkonzert bei einem verhassten Politiker geben. Doch als dann ein Bandmitglied mitten in einer Straßenschlacht landet, scheint alles zu Ende zu sein…

Wie (fast) jeder Spielfilmdebütant macht auch German Kral den Fehler, zu viel in das fertige Produkt hineinzulegen. Da wirkt manches allzu aufdringlich – vor allem das melodramatische Finale. Doch dieses „Unperfekte“ macht ADIÓS BUENOS AIRES umso sympathischer!

Trailer

ab12

Originaltitel

Adiós Buenos Aires (Deutschland / Argentinien 2023)

Länge

93 Minuten

Genre

Komödie / Drama

Regie

German Kral

Drehbuch

Stephan Puchner, Fernando Castets, German Kral

Darsteller

Diego Cremonesi, Marina Bellati, Carlos Portaluppi, Manuel Vicente, Rafael Spregelburd, Mario Alarcón, Luis Ziembrowski, David Masajnik, Regina Lamm, Violeta Narvay, Matías Luque Benante, Alexia Moyano, Mario Mahler, Roberto Minondi

Verleih

Alpenrepublik GmbH

Filmwebsite

» zur Filmwebsite

Weitere Neustarts am 11.05.2023