Wunderschön

03.02.2022

WUNDERSCHÖN ist bereits der dritte Film, den Karoline Herfurth als Regisseurin vorlegt. Nach „SMS für Dich“ und „Sweethearts“ widmet sich sich nun dem Thema „Schönheit“ – oder vielmehr dem, was wir als Gesellschaft daraus machen.

Frauke (Martina Gedeck) steht kurz vor ihrem 60. Geburtstag und findet sich auf einmal nicht mehr begehrenswert. Ihr Mann Wolfi (Joachim Król), der das für übertrieben hält, kann sich jedoch mit seiner Pensionierung nicht abfinden und weiß ohne Arbeit nicht so recht, wohin mit sich. Julie (Emilia Schüle) will als Model endlich den Durchbruch schaffen und ist bereit, dafür ihrem Körper so einiges zuzumuten. Die Schülerin Leyla (Dilara Aylin Ziem) hingegen glaubt, mit einem Körper wie dem von Julie ein viel besseres Leben führen zu können. Sonja (Karoline Herfurth) hingegen hat mit ihrem Körper zu kämpfen, der nach zwei Schwangerschaften zu einer Lebenskrise führt. Ihr Mann Milan (Friedrich Mücke) hat derweil überhaupt keine Vorstellung davon, unter welchem Druck sie als Mutter steht. Für Sonjas beste Freundin, die Lehrerin Vicky (Nora Tschirner), kommt das alles andere als überraschend, schließlich hat sie ihre ganz eigene Vorstellung zum Thema Gleichberechtigung von Mann und Frau. Gerade in Bezug auf die Liebe ist sie schwer überzeugt, dass die beiden Geschlechter niemals auf Augenhöhe zueinander finden werden. Ihr neuer Kollege Franz (Maximilian Brückner) würde sie da aber schon gerne vom Gegenteil überzeugen…

Fünf Paare oder Einzelkämpfer und ihr ganz eigener Kampf darum, sich im eigenen Körper wohlzufühlen – bei dem Thema hätte man sich durchaus sehr schnell verheben können. Nichts liegt hier näher, als in altbekannte Klischees abzudriften und die immer gleichen Geschichten zu erzählen. Doch Karoline Herfurth gelingt hier ein beeindruckender Blick auf die Probleme unserer Gesellschaft. Davor muss man sich einfach verbeugen.

Gerade Nora Tschirners Rolle als Lehrerin, die mit ihrer Klasse die üblichen Themen dazu durchkaut, hätte schnell nach hinten losgehen können. Durch die Gespräche mit Ihren Schülern zum Thema Selbstwahrnehmung fungiert sie hier quasi als eine Art Moderatorin, die die Darstellungen der anderen Figuren mit etwas wissenschaftlichen Informationen unterfüttert. Das hätte schnell zu einem langweiligen Monolog werden können, aber diese Funktion mit der spritzigen Spielweise Tschirners zu kombinieren, ist ein genialer Schachzug Herfurths. Chapeau!

Doch auch bei den anderen Figuren schimmert immer dieser Funke Ehrlichkeit durch, der erkennen lässt, dass Herfurth dieses Thema wirklich wichtig war. Und dass sie sich selbst nicht zu schade ist, mit leichten Speckröllchen und anderen Dingen, die die Mehrheit der Gesellschaft als unansehnlich einstufen würde, vor die Kamera zu treten, unterstreicht das nur noch. Doch warum müssen wir uns überhaupt über das Thema unterhalten? Warum glauben wir, dass sich unser Wert nur durch äußere Erscheinungsmerkmale definiert? Warum erachten wir Eigenschaften oder Fähigkeiten als weitaus weniger wichtig? Das sind die Fragen, die sich Herfurth in ihrem Film stellt. Denn wenn wir alle mal ein bisschen weniger erpicht darauf wären, wie unsere Vorbilder aus Film, Musik und Entertainment aussehen zu wollen, wäre das bereits ein gewaltiger Schritt in die richtige Richtung.

Klar gibt es hier und da ein paar Ungereimtheiten, aber die sind nicht der Rede wert. WUNDERSCHÖN beweist nämlich auch aufs Neue, dass Karoline Herfurth ein unfassbares Talent für Komik und Timing hat. Weder macht sie sich über ihre Figuren lustig, noch verurteilt sie sie. Nein, sie lacht mit ihnen und zeigt sie mit all ihren Schwächen und Fehlern. Nicht um sie zu verurteilen, sondern um daraus zu lernen. Ein Beispiel, von dem wir uns alle noch eine Scheibe abschneiden könnten.

Trailer

ab6

Originaltitel

Wunderschön (Deutschland 2020)

Länge

132 Minuten

Genre

Drama

Regie

Karoline Herfurth

Drehbuch

Lena Stahl, Monika Fäßler, Karoline Herfurth

Darsteller

Karoline Herfurth, Nora Tschirner, Martina Gedeck, Emilia Schüle, Dilara Aylin Ziem, Joachim Król, Friedrich Mücke, Maximilian Brückner, Ben Litwinschuh, Luna Arwen Krüger

Verleih

Warner Bros. Entertainment GmbH

Filmwebsite

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