Der herrlich skurrile Film WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN hat das Herz am rechten Fleck – und wartet mit der wunderbaren Luna Wedler auf. Eigentlich wären das schon genug Gründe für einen Kinobesuch…
Ein abgelegenes Dorf im Westerwald – hier ist Luise (Luna Wedler) bei ihrer Großmutter Selma (Corinna Harfouch) aufgewachsen. Diese hat zudem eine seltsame Gabe, denn sie kann den Tod voraussehen. Immer wenn ihr im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag irgendjemand im Dorf. Unklar ist jedoch, wen es treffen wird. Den Optiker (Karl Markovics), der mit inneren Stimmen kämpft und heimlich in Selma verliebt ist, oder den zornigen Palm (Peter Schneider), der immer wütend und betrunken ist? Die abergläubische Elsbeth (Hansi Jochmann), die buddhistische Mönche in ihrem Haus beherbergt, Luises Mutter, die Blumenladen-Besitzerin Astrid (Katja Studt), die ein Verhältnis mit dem Eiscafé-Betreiber Alberto (Jasin Challah) hat, oder die ewig schlecht gelaunte Marlies (Rosalie Thomass)? Das ganze Dorf hält sich für den Fall der Fälle bereit. Man trifft letzte Vorkehrungen, es werden Geheimnisse enthüllt, Geständnisse gemacht, Liebe erklärt…
Ich bin ein großer Freund von skurrilen Figurenzeichnungen. Je absurder, desto besser. Seitdem ich den Trailer zum ersten Mal gesehen habe, stieg meine Vorfreude ins Unermessliche. Und mit der wunderbaren Luna Wedler an Bord, die ich für eine der eindrucksvollsten Talente unserer Zeit halte, konnte einfach nichts schiefgehen. Doch damit nicht genug, denn hinter der Kamera stand Aron Lehmann, mit dem Luna Wedler bereits den unfassbar starken Film „Das schönste Mädchen der Welt“ gedreht hatte. Das kann doch nur ein gutes Ende nehmen…
Die Geschichte basiert auf dem Bestseller-Roman von Marianna Leky, der 2017 erschien und ganze 65 Wochen lang auf der Spiegel-Bestsellerliste stand. Im Erscheinungsjahr wurde der Film zudem von Buchhändler:innen aus ganz Deutschland zum „Lieblingsbuch der Unabhängigen“ gekürt. Damit lagen bereits reichlich Vorschusslorbeeren auf der Geschichte, doch Leky war von vorn herein klar, dass sie nicht selbst das Drehbuch verfassen würde. „Drehbuchschreiben ist eine eigene Kunst, die ich nicht beherrsche“, so Leky. Also gab sie die Arbeit vertrauensvoll die Hände von Aron Lehmann, dessen Film „Das schönste Mädchen der Welt“ zu dem Zeitpunkt gerade frisch in die Kinos kam. Das dieser die richtige Wahl war, wird sehr schnell klar, wenn man den fertigen Film sieht. Es ist ihm gelungen, die Figuren des Films nicht auf ihrer Skurrilität zu reduzieren, sondern ihnen genügend Tiefe zu geben, so dass man als Zuschauer immer mehr das Bedürfnis hat, sie alle besser kennenzulernen.
Obwohl sich Marianna Leky anfangs überhaupt nicht vorstellen konnte, wie man ihren Roman verfilmen könnte, war sie mehr als überrascht, welche Bilder Aron Lehmann letztendlich dafür fand. „Es war fast unheimlich“, so Leky, „weil ich das Gefühl hatte, als wäre jemand in meinen Kopf hineingekrochen und hätte da drin alles fotografiert, solche Orte gefunden, wie sie mir vorgeschwebt waren, wie es hätte sein können“. Ich glaube, ein besseres Kompliment kann man als Regisseur kaum bekommen.
WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN zeigt, dass zum Licht auch immer Schatten gehört. Bei all den schrecklichen Dingen, die im Film passieren – Ein Kind stirbt, Eltern trennen sich, der Vater geht – stellt sich die Geschichte immer mit extrem viel Liebe und Humor dagegen. Und genau diese Mischung macht den Film so besonders.
Es gibt wahrlich nur wenige Filme, bei denen ich den Vorführer am Ende am liebsten bitten würde, den Projektor gleich noch einmal auf Anfang zu stellen. WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN ist genau so ein Film. Und ich kann es kaum erwarten, ihn noch einmal auf der großen Leinwand zu sehen. Und dann immer und immer wieder.
Was man von hier aus sehen kann (Deutschland 2022)
109 Minuten
Drama
Aron Lehmann
Aron Lehmann, basierend auf dem Roman von Mariana Leky
Corinna Harfouch, Luna Wedler, Karl Markovics, Ava Petch, Cosmo Taut, Rosalie Thomass, Benjamin Radjaipour, Hansi Jochmann, Peter Schneider, Johannes Allmayer, Katja Studt, Jasin Challah. Golo Euler, Thorsten Merten
Studiocanal GmbH