Der Film der Woche

Das schönste Mädchen der Welt

06.09.2018

Roxy (Luna Wedler) ist neu in der Klasse und verdreht gleich allen Jungs den Kopf. Die schlagfertige 17-Jährige ist gerade von ihrer alten Schule geflogen und hat null Bock auf die anstehende Klassenfahrt nach Berlin. Im Bus freundet sie sich mit dem sensiblen Außenseiter Cyril (Aaron Hilmer) an, der sie mit seinem Wortwitz überrascht. Cyril ist sofort Feuer und Flamme, rechnet sich aber keine Chancen aus, denn er wird von allen wegen seiner großen Nase verspottet. Roxy interessiert sich außerdem mehr für den attraktiven Rick (Damian Hardung). Blöderweise ist der ein geistiger Tiefflieger und bringt keine drei Worte am Stück raus. Als auch noch Aufreisser Benno (Jonas Ems) ein Auge auf Roxy wirft, startet Cyril eine waghalsige Verkupplungsaktion, um Roxy vor Bennos falschem Spiel zu schützen: Er schreibt für Rick coole Songs und romantische SMS, damit dieser bei Roxy ganz groß auftrumpft. Wer wird am Ende das Herz des „schönsten Mädchens der Welt“ erobern?

Kritik

Was hätte hier doch alles schiefgehen können… Aber DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT entpuppt sich als wahrer Glücksgriff für das deutsche Kino. So charmant, ehrlich und sympathisch war seit Langem kaum ein anderer Film aus unseren Gefilden…

Die Geschichte des Cyrano de Bergerac wurde bereits unzählige Male erzählt. Meist wurde nur das Setting geändert, mal wurde möglichst originalgetreu gedreht und mal blieb lediglich die Grundidee übrig. Man mag daher meinen, dass es keiner weiteren Verfilmung des romantisch-komödiantischen Versdrama bedarf, dass Edmond Rostand bereits 1897 geschrieben hat. 

Aber dann kommt ganz unverhofft DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT um die Ecke und zeigt, wie man es richtig macht. Regisseur Aron Lehman verlagert die Handlung in die heutige Zeit und konzentriert sich statt der Dichtkunst auf modernen Battle-Rap. Wobei es natürlich auch dort im gewissen Maße um Dichtung geht. Hier liegt dann auch schon die erste Stolperfalle, die der Film mit Leichtigkeit nimmt. Denn wann immer „ältere“ Filmemacher sich auf die Sprache der Jugend einlassen, wird es meist peinlich. Doch weit gefehlt, denn Lehmann, der zusammen mit Lars Kraume und Judy Horney auch das Drehbuch verfasst hat, gelingt eine ehrliche und vor allem geerdete Sprache, die zum Thema passt. Fremdschämen ist hier zum Glück zu keinem Zeitpunkt angesagt. 

Zudem setzt der Film bei seinen jungen Darstellern auf neue und unverbrauchte Darsteller, die ihre Figuren aber so sehr zum Leben erwecken, als hätten sie nie etwas anderes gemacht. Allen voran Luna Wedler als DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT, die allen anderen die Schau stiehlt, sich dabei aber eine unfassbar charmante Seite behält, die die Figur erdet. Im Gegensatz zur literarischen Vorlage ist sie ein selbstbewusstes Mädchen, dass mit beiden Beinen im Leben steht. Durch ihr starkes Auftreten ist sie eben nicht nur auf das Objekt der Begierde reduziert, sondern strahlt eine gewisse Emanzipation aus, die dem Film guttut. 

Aber auch alle anderen Figuren – wenn man jetzt mal von der typischen Clique absieht – sind keine eindimensionalen Wesen, sondern mehrschichtige Figuren, denen man ihre Handlungen zu jedem Zeitpunkt abnimmt. So gelingt es dem Film, die Frage des Originals nach den inneren Werten eines Menschen geschickt und intelligent in ein modernes Korsett zu verpacken.

DAS SCHÖNSTE MÄDCHEN DER WELT beweist mehr als deutlich, dass man alten Stoffen immer wieder etwas Neues abgewinnen kann. Und dass deutsche Komödien nicht zwingend langweilig sein und unter die Gürtellinie gehen müssen. Wenn doch nur jeder deutsche Film so respektvoll mit seinen Figuren umgehen würde… 

Trailer

ab12

Originaltitel

Das schönste Mädchen der Welt (Deutschland 2018)

Länge

103 Minuten

Genre

Komödie / Drama

Regie

Aron Lehmann

Drehbuch

Lars Kraume, Aron Lehmann, Judy Horney

Darsteller

Luna Wedler, Aaron Hilmer, Damian Hardung, Jonas Ems, Sinje Irslinger, Julia Beautx, Hussein Eliraqui, Anselm Bresgott, Leon Wulsch, Heike Makatsch, Johannes Allmeyer, Heiko Pinkowski, Anke Engelke, Amelie Elisa Klein

Verleih

Tobis Film GmbH & Co. KG

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