Walchensee Forever

Autor: Jan-Barra Hentschel

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Es gibt nicht wenige Kinofans, die einen großen Bogen um Dokumentarfilme machen – nach dem Motto: Wozu soll ich mir das antun? Ich bitte alle diese Verweigerer, bei WALCHENSEE FOREVER von Janna Ji Wonders eine Ausnahme zu machen. Diese Perle aus Bayern ist eine Offenbarung – ein Fest des Lebens und der deutschen Geschichte. Die Regisseurin hatte das Glück, dass in ihrer Familie alle wichtigen Ereignisse seit Anfang des 20. Jahrhunderts mit Fotos und 8mm-Filmen dokumentiert worden waren. Sie musste sich nur bedienen. 

Der Walchensee in den bayerischen Alpen ist wunderschön gelegen – eine Idylle inmitten der Berge. WALCHENSEE FOREVER erzählt die Geschichte einer deutschen Familie über fünf Generationen aus der Sicht der Frauen. 1920: Eine Familie – Mutter, Vater, Kind – eröffnet am Ufer des malerischen Walchensees ein Ausflugscafé, das bis heute existiert. Die energische Mutter Apa führt ein strenges Regiment. Ihre zweite Tochter verliert sie durch die Spanische Grippe, ihre Erstgeborene, Norma, wird später das Café übernehmen und 105 Jahre alt werden.

Nach der Geburt des Töchter Anna und Frauke wird Norma von ihren Mann, einem nicht sehr zuverlässigen Künstler, verlassen und muss die Kinder allein aufziehen. In ihrer Jugend zieht es Anna und Frauke nach Mexiko, wo sie als jodelndes Folk-Duo auftreten – mit Gitarre und Hackbrett. Frauke will mehr vom Leben und stirbt auf mysteriöse Weise (man vermutet Selbstmord). In Kalifornien verliebt sich Anna in den US-Hippie Jazon und bringt ihre Tochter – die Regisseurin – zur Welt. Sie wird eine erfolgreiche Fotografin und landet im sogenannten „Harem“ von Rainer Langhans, der sich nach der Trennung von Uschi Obermeier gleich mit vier schönen Frauen umgab.

Dieses aufregende Leben könnte der Stoff für eine ganze Serie sein – hier schöpft Janna Ji Wonders aus dem Vollen. Anna hatte ihre Tochter seit deren Geburt ständig gefilmt und sie schon als Kind dauernd interviewt. Auch Rainer Langhans und Jutta Winkelmann, eine seiner Musen, kommen zu Wort. So entstand das deutsche Porträt eines ganzen Jahrhunderts – immer mit Blick auf den wohl schönsten bayerischen Alpensee. Die Regisseurin beweist hier mit lockerer Hand und menschlicher Wärme, wie spannend und unterhaltsam ein Dokumentarfilm sein kann. Ein Traum!

Trailer