Der Film der Woche

Verleugnung

13.04.2017

Die amerikanische Universitätsprofessorin Deborah E. Lipstadt (Rachel Weisz) wird unerwartet zur Verteidigerin der historischen Wahrheit, als der britische Autor David Irving (Timothy Spall) sie wegen Verleumdung verklagt. In ihrem jüngsten Buch hatte Lipstadt ihm die Leugnung des Holocaust vorgeworfen. Durch das britische Justizsystem in die Defensive gedrängt, steht sie nun gemeinsam mit ihren Verteidigern, angeführt von Richard Rampton (Tom Wilkinson), vor dem absurden Problem, nicht nur sich selbst zu verteidigen, sondern auch beweisen zu müssen, dass der Holocaust tatsächlich stattgefunden hat. Statt sich jedoch eingeschüchtert zu geben, weckt diese scheinbar unlösbare Aufgabe ihren Kampfgeist. Lipstadt lehnt jeden Vergleich ab und stellt sich vor Gericht ihrem unerbittlichen Gegner…

Kritik

Es ist mir nach wie vor ein absolutes Unverständnis, wie man behaupten kann, etwas so Grausames wie den Holocaust hätte es nie gegeben. In VERLEUGNUNG fühlt der Regisseur Mick Jackson einem solchen Leugner auf den Zahn und inszeniert das Ganze als spannendes Gerichtsdrama. 

Eigentlich ist es schier unfassbar, dass man eine solche Lüge vor einem Gericht entkräften muss, obwohl es doch mehr als genug erdrückende Beweise gibt, die den Holocaust belegen. Dazu muss man vermutlich das britische Gerichtssystem verstehen, dass ein wenig anders als das deutsche oder das amerikanische funktioniert. Bei einer Verleumdungsklage liegt die Beweislast hier stets beim Angeklagten. Das bedeutet die komplette Umkehrung unseres Rechtsgrundsatzes, dass man unschuldig ist, bevor nicht die Schuld erwiesen wurde. Nur deshalb konnte es vor etwas 20 Jahren zu diesen Prozess kommen, auf dem der Film basiert. 

Dabei musste Jackson eigentlich überhaupt nicht für dramatische Momente sorgen, denn alle Dialoge wurden im Wortlaut aus den offiziellen Akten ins Drehbuch übernommen. Jackson ging es in seiner Verfilmung aber nicht, einen Antisemiten zu portraitieren, da er sich nicht qualifiziert genug fühlte, um in dessen Psyche vorzudringen. Stattdessen konzentriert er sich komplett auf Deborah E. Lippstadt, die von Rachel Weisz perfekt dargestellt wird. Für sie war der Prozess damals zwar ein entscheidender Moment, der jedoch weder sie selbst, noch das, was sie zu sagen hat, verändert hat. Aber er veränderte, wie die Leute ihr zuhörten.

Genau das macht den Reiz des Filmes aus, dessen Thema nichts von seiner Brisanz verloren hat. Gerade in Zeiten des immer wieder aufkeimenden Rechtsextremismus ist ein Film wie VERLEUGNUNG wichtiger denn je. Schließlich hatte Lippstadt in David Irwing einen besonders heimtückischen Widersacher, weil er dem Antisemitismus und dem Leugnen des Holocausts einen seriösen Anstrich gab. Wer an dieser Stelle keine Parallelen zur aktuellen Politik einer Partei sieht, die angeblich eine Alternative darstellen soll, dem ist vermutlich eh nicht mehr zu helfen. 

Im heutigen Zeitalter wachsen unsere Kids mit der Vorstellung auf, dass alles wahr sein muss, wenn es nur im Internet steht. Aber dem ist nicht so, denn es gibt nun mal Themen, zu denen es keine zwei Seiten gibt und schon gar nicht das Recht auf eine eigene Meinung. 

Es bleibt zu hoffen, dass möglichst viele Menschen diesen Film sehen und genau das begreifen. Gerade das mach VERLEUGNUNG so wichtig und so gut. Selbst 20 Jahre danach. 

Trailer

ab12

Originaltitel

Denial (Großbritannien / USA 2016)

Länge

111 Minuten

Genre

Drama

Regie

Mick Jackson

Drehbuch

David Hare

Darsteller

Rachel Weisz, Timothy Spall, Tom Wilkinson, Andrew Scott, Jack Lowden, Caren Pistorius, Alex Jennings, Harriet Walter

Verleih

Universum Film GmbH

Filmwebsite

» zur Filmwebsite

Weitere Neustarts am 13.04.2017