In THE BIKERIDERS erzählt Autor und Regisseur Jeff Nichols vom Freiheitsdrang der Biker in den USA der 1960er-Jahre – einer Zeit, in der die Motorrad-Gangs immer gefährlicher wurden…
Für Benny (Austin Butler) gibt es 1966 nur zwei Dinge im Leben, die ihm wirklich wichtig sind: Die Leidenschaft für den Motorrad-Club der Vandals und die Liebe zu seiner Frau Kathy (Jodie Comer), die ihn seit dem ersten Kennenlernen als den unzähmbaren Rebellen akzeptiert hat, der er ist. Doch ihre Beziehung wird mehr und mehr auf eine Probe gestellt, da Benny nicht nur ihr, sondern auch Johnny (Tom Hardy), dem charismatischen Anführer der Vandals, bedingungslose Treue geschworen hat. Schon bald werden die Vandals nicht nur größer, sondern auch gefährlicher – und so muss sich Benny irgendwann zwischen seiner Loyalität zu Johnny und seiner Liebe zu Kathy entscheiden…
Es schwebt ein bisschen „Easy Rider“ in der Luft, als sich Jeff Nichols mit seinem Drama THE BIKERIDERS den Motorrad-Clubs der 1960er-Jahre widmet. Zumindest dürfte jedem Zuschauer schnell klar sein, das Nichols, der sowohl das Drehbuch schrieb, als auch Regie führte, u.a. diesen Film als Vorbild hatte. Leider erreicht er überhaupt nicht die Kraft dieses Klassiker, egal wie sehr er sich auch bemüht.
Nichols erzählt zwar eine universelle Geschichte über die Suche nach Identität und Zugehörigkeit, bietet dem Zuschauer aber im Prinzip überhaupt keine Figuren zur Identifikation. Alle sind irgendwie negativ behaftet – mal mehr, mal weniger – ein wirkliches Mitfiebern stellt sich da nicht ein. Dabei nutzt der Regisseur einen genialen Kniff: Er erzählt die Geschichte aus dem Blickwinkel eines Fotografen und Reporters, der die Biker in ihrem Alltag begleitet, sie fotografiert und Interviews mit ihnen führt.
Auch wenn die Geschichte, die Nichols hier erzählt, fiktional ist, hat es diesen Reporter tatsächlich gegeben. Danny Lyon (hier gespielt von Mike Faist) veröffentlichte 1968 ein Fotobuch, in dem er durch Fotos und Interviews die Geschichte der Outlaw-Motorrad-Gangs im Mittleren Westen der USA erzählt. Jeff Nichols setzt diese Standbilder jetzt mit THE BIKERIDERS quasi in Bewegung. Das verleiht dem Film eine unglaubliche Authentizität und so glaubt man als Zuschauer, dass es genau diese Vandals auch genauso gegeben haben muss. Mitnichten.
Nichols unterlässt es, die Handlung unnötig zu dramatisieren, was THE BIKERIDERS fast schon dokumentarisch wirken lässt. Das kann man gutheißen, allerdings führt es auch dazu, dass man im Laufe der knapp zwei Stunden auch mehr und mehr das Interesse an den Figuren verliert.
THE BIKERIDERS ist solides Biker-Kino, das aber hier und da ein wenig mehr PS vertragen hätte. Und natürlich die eine oder andere Identifikationsfigur.
The Bikeriders (USA 2024)
117 Minuten
Drama
Jeff Nichols
Jeff Nichols, nach einer Vorlage von Danny Lyon
Austin Butler, Jodie Comer, Tom Hardy, Mike Faist, Damon Herriman, Boyd Holbrook, Michael Shannon, Emory Cohen, Beau Knapp, Karl Glusman, Toby Wallace, Norman Reedus, Happy Anderson, Paul Sparks
Universal Pictures International Germany GmbH