No Other Land

14.11.2024

Eine palästinensisch-israelische Gruppe von Aktivisten und Filmemachern hatte sich zusammengetan, um ein unrühmliches Kapitel israelischer Siedlungspolitik mit der Kamera festzuhalten. Herausgekommen ist der aufwühlende Dokumentarfilm NO OTHER LAND von Basel Adra, Yuval Abraham, Hamdan Ballal und Rachel Szor, der bei der diesjährigen Berlinale seine Premiere feierte und dort mit dem Preis für den Besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde. Doch es hagelte auch Proteste – viele Zuschauer warfen dem Film eine antizionistische Haltung vor. Jetzt dürfen auch wir uns ein eigenes Bild machen.

Der palästinensische Rechtsanwalt und Journalist Basel Adra ist seit seinem 15. Lebensjahr ein leidenschaftlicher Aktivist und kämpft dabei gegen die Massenvertreibung seiner Gemeinschaft durch Israel. Fünf Jahre lang filmte er, wie seine Gemeinde Masafer Yatta im Westjordanland durch die israelische Besatzung systematisch zerstört wurde und wird. Immer wieder rücken schwer bewaffnete Soldaten an, um mit Bulldozern einzelne Häuser oder die örtliche Schule niederzureißen. Angeblich will Israel hier einen Truppenübungsplatz errichten. Doch nach dem Abzug des Militärs bauen die Einwohner ihre Häuser wieder notdürftig auf oder leben stattdessen in nahegelegenen Höhlen. Bis die Armee wieder erscheint. Ein Teufelskreis…

Bei seinen unermüdlichen Aktivitäten lernt Adra den investigativen Journalisten Yuval Abraham aus Israel kennen. Dann stoßen auch die Israelin Rachel Szor und der palästinensische Fotograf Hamdan Ballal dazu, um diese schändliche Zwangsumsiedlung zu dokumentieren. Und dann wird einer der Dorfbewohner vor laufender Kamera angeschossen – als er versuchte, einen profanen Generator zu sichern…

Das Absurde der ganzen Geschichte ist: Die Dörfer rund um Masafer Yatta sind auf den britischen Karten aus der Zeit vor der Gründung Israels bereits verzeichnet. Doch die israelische Besatzung erkennt deren Existenz nicht an – diese Dörfer wurden von den amtlichen Karten gestrichen. Wie absurd ist das denn?

Mögen manche der gezeigten Aufnahmen auch extrem verwackelt sein – will man authentisch sein, muss man halt ästhetische Abzüge machen. Denn der ungeschönte Look von NO OTHER LAND packt jeden Zuschauer von der ersten Sekunde an.

Nun zur Kritik bei der Berlinale: Dieser Dokumentarfilm hat von Anfang an nicht die Absicht, objektiv zu sein. Natürlich ist NO OTHER LAND komplett einseitig und polemisch. Basel Adra zeigt sich und seine drangsalierten Mitbewohner, wie sie in Masafer Yatta als Freiwild behandelt werden. Dass israelische Filmemacher bei der Entstehung involviert waren, beweist nur, wie zerrissen dieser Staat ist. Der Film zeigt nachdrücklich, dass die Palästinenser in ihrem besetzten Land nicht allein gelassen werden. Doch dann kam der 7. Oktober 2023: Die Hamas griff einige Kibbuze an, tötete, vergewaltigte und entführte israelische Bürger. Der blutige, immer noch andauernde Gaza-Krieg mit Opfern auf beiden Seiten hatte begonnen.

Dieses schreckliche Datum müssen wir im Hinterkopf behalten, um die ganze Tragweite des Films zu begreifen. Man mag auf der Seite Israels sein – doch das rechtfertigt nicht jede Aktion dieses Staates. Auch Palästinenser haben ein Recht auf ein sorgenfreies Leben im eigenen Dorf. Mehr will uns der Film nicht erzählen.

P. S. Den angeblichen Truppenübungsplatz rund um Masafer Yatta gibt es immer noch nicht.

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab16

Originaltitel

No Other Land (Norwegen / Palästina 2024)

Länge

96 Minuten

Genre

Dokumentation

Regie

Basel Adra, Rachel Szor, Hamdan Ballal, Abraham Yuval

Drehbuch

Basel Adra, Rachel Szor, Hamdan Ballal, Abraham Yuval

Kamera / Director of Photography (DOP)

Rachel Szor

Verleih

Immer Gute Filme Filmdistribution

Filmwebsite

» zur Filmwebsite

Weitere Neustarts am 14.11.2024