Mit HELDIN zeigt uns die Regisseurin Petra Volpe eindrucksvoll den harten Alltag einer Pflegerin in einem Zürcher Krankenhaus. Und wie Leonie Benesch ebendiese Krankenschwester mit Leben füllt, ist pure Kinomagie.
Mit viel Leidenschaft und Professionalität verübt Floria (Leonie Benesch) ihren Job als Pflegefachfrau auf der chirurgischen Station eines Schweizer Spitals. Jeder Handgriff sitzt routiniert, und trotz der Hektik bewahrt die junge Frau immer ihre Fassung – egal wie sehr sie auch von Patienten und Angehörigen malträtiert wird. Auch diese Spätschicht beginnt wieder hektisch. Eine Kollegin hat sich krank gemeldet, und so müssen sie den gesamten Stationsalltag zu dritt meistern. Doch Floria lässt sich nichts anmerken und kümmert sich liebevoll um eine kranke Mutter (Lale Yavas), einen alten Mann (Urs Bihler), der schon viel zu lange auf seine Diagnose wartet, aber auch um einen Privatpatienten (Jürg Plüss) mit Sonderwünschen. Doch dann begeht sie einen winzigen Fehler mit fatalen Folgen, durch den die Schicht aus dem Ruder zu laufen droht. Es beginnt ein nervenaufreibender Wettlauf gegen die Zeit…
Eigentlich ist HELDIN ein längst überfälliger Film, der den schier unermesslichen Einsatz der Pflegekräfte würdigt und die Missstände aufzeigt, mit denen die Branche zu kämpfen hat. Das gelingt der Regisseurin Petra Volpe auf eine ganz besondere Art und Weise vor allem durch ihre eindrucksvolle Hauptdarstellerin. Nach „Das Lehrerzimmer“ kann Leonie Benesch erneut zeigen, warum sie aktuell zu den besten deutschen Schauspieler:innen gehört. Was sie allein durch ihren Blick und ihre Mimik zum Ausdruck bringt, ist mehr als nur faszinierend. Egal wie viel ungerechte Kritik ihr auch entgegenschlägt, niemals verliert sie auch nur ansatzweise die Contenance. Manches Mal möchte man als Zuschauer die Patienten oder Angehörigen beiseite nehmen und kräftig durchschütteln. Was dieser Frau stellenweise entgegenschlägt, ist eigentlich unentschuldbar.
Ein weiterer, äußerst wichtiger Aspekt ist aber die phänomenale Kameraarbeit von Judith Kaufmann, die gerade erst für ihr Lebenswerk mit dem Bayerischen Filmpreis ausgezeichnet wurde. Ihre Kamera tanzt auf den Fluren und die Figuren wie in einer Ballettaufführung. Dabei richtet sie den Fokus immer wieder so aus, dass uns auch die unangenehmen Momente im Krankenhausalltag nicht verborgen bleiben, die Würde der Figuren jedoch niemals verletzt wird. Wie ihr dieser Spagat gelingt, ist bewundernswerte Kinomagie.
HELDIN wird es sicherlich nicht unbedingt gelingen, neue Anwärter für den Beruf der Pflegefachkraft zu gewinnen. Aber der Film wird hoffentlich dafür sorgen, den Berufsalltag dieser Helden mehr wertschätzen zu können – diesen Menschen, die unbedingt helfen wollen, egal wie unterbesetzt oder unterbezahlt sie sind. Und wenn Floria dann doch einmal kurz die Beherrschung verliert, ist das wie ein Befreiungsschlag – nicht nur für sie, sondern auch für uns als Publikum. Und wie sie tapfer alle Konsequenzen trägt, ist nicht nur bewundernswert, sondern sogar titelgebend. Diese Frau ist wahrhaft eine HELDIN, von der wir noch viel mehr brauchen.
Heldin (Schweiz / Deutschland 2024)
92 Minuten
Drama
Petra Volpe
Petra Volpe
Judith Kaufmann
Leonie Benesch, Sonja Riesen, Alireza Bayram, Selma Aldin, Urs Bihler, Margherita Schoch, Urbain Guiguemdé, Elisabeth Rolli, Jürg Plüss, Lale Yavas
Tobis Film GmbH & Co. KG