Der Film der Woche

Das Licht, aus dem die Träume sind

12.05.2022

Filme über das Kino gibt es seit deren Anfängen. Diese Selbstbespiegelung war schon immer ein zentrales Thema des Mediums – zur Freude aller Zuschauer. „8 ½“ von Federico Fellini und „Die amerikanische Nacht“ von François Truffaut sind zwei der berühmtesten Beispiele. Ein drittes Meisterwerk ist „Cinema Paradiso“ (1988) von Giuseppe Tornatore. Genau diesen Film wählte der indische Regisseur Pan Nalin als Modell für sein herzergreifendes Melodram DAS LICHT, AUS DEM DIE TRÄUME SIND. Doch sein Werk ist keine Kopie – sondern ein eigenständiges Wesen voller Magie. In beiden Filmen geht es um die Freundschaft eines Jungen und eines Filmvorführers. Doch das ist auch die einzige Parallele.

Der neunjährige Samay (Bhavin Rabari) lebt mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester in einem abgelegenen indischen Dorf. Sein Vater verdingt sich seinen Lebensunterhalt als Teeverkäufer an einem nahegelegenen Bahnknotenpunkt. Dabei muss Samay von Waggon zu Waggon gehen, um die Ware anzubieten. Eines Tages nimmt ihn sein Vater mit ins lokale Kino – und Samay erlebt zum ersten Mal die Magie dieses Mediums. Sein erster Gedanke: „Ich möchte Filme machen!“ Doch der Weg ist weit.

Nachdem er im Kino Hausverbot erhalten hatte – er hatte sich heimlich reingeschlichen -, freundet sich Samay mit dem Filmvorführer Fazal (Bhavesh Shrimali) an, der ihm erlaubt, als Gegenleistung für die Lunchbox von dessen Mutter alle Filme durch die Luke im Vorführraum zu betrachten. Und Fazal klärt ihn auch über die besondere Technik der Filmprojektion auf: einer Mischung von Licht und Dunkelheit – 24-mal in der Sekunde.

Dieses Phänomen des Lichts prägt Samays zukünftiges Leben. Mit diversen Linsen und Glasscherben durchstreift er mit seinen Freunden die Gegend, um hinter das Geheimnis des Lichts zu kommen. Im nahen Bahnhof klauen sie eingelagerte Filmrollen und bauen sich mit Ersatzteilen einen obskuren Projektor. Diese uneingeschränkte Liebe zum Kino hat Pan Nalin mustergültig eingefangen. Als Samays Vater spürt, was im Kopf seines Sohnes vorgeht, rafft er sich zu einer unglaublichen Geste auf, die uns alle zu Herzen rührt. Dieses Finale ist wohl eines der schönsten des Jahres.

Licht und Magie – Pan Nalin hat uns mit (scheinbar) einfachen Mitteln die Faszination eines Mediums näher gebracht. DAS LICHT, AUS DEM DIE TRÄUME SIND wirkt auf den ersten Blick schlicht, ist aber meisterlich konstruiert. Am Schluss gönnt uns Nalin einen denkwürdigen Abschied: Erst werden aus dem Off alle großen indischen Regisseure genannt – dann alle anderen, von Stanley Kubrick bis Jane Campion. Ein Fest fürs Kino!

Trailer

ab12

Originaltitel

Last Film Show (Indien / Frankreich / USA 2022)

Länge

112 Minuten

Genre

Drama

Regie

Pan Nalin

Drehbuch

Pan Nalin

Darsteller

Bhavin Rabari, Bhavesh Shrimali, Richa Meena, Dipen Raval, Paresh Mehta, Vikas Bata, Rahul Koli, Shoban Makwa, Kishan Parmar, Vijay Mer, Alpesh Tank, Tia Sebastien

Verleih

Neue Visionen Filmverleih GmbH

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