Berlin, 1943. Das Nazi-Regime hat die Reichshauptstadt offiziell für „judenrein“ erklärt. Doch einigen Juden gelingt tatsächlich das Undenkbare. Sie werden unsichtbar für die Behörden. Oft ist es pures Glück und ihre jugendliche Unbekümmertheit, die sie vor dem gefürchteten Zugriff der Gestapo bewahrt.
Nur wenige Vertraute wissen von ihrer wahren Identität. Da ist Cioma Schönhaus, der heimlich Pässe fälscht und so das Leben dutzender anderer Verfolgter zu retten versucht. Die junge Hanni Lévy blondiert sich die Haare, um als scheinbare Arierin unerkannt über den Ku’damm spazieren zu können. Eugen Friede verteilt nachts im Widerstand Flugblätter. Tagsüber versteckt er sich in der Uniform der Hitlerjugend und im Schoße einer deutschen Familie. Und schließlich ist da noch Ruth Gumpel, die als Kriegswitwe getarnt, NS-Offizieren Schwarzmarkt-Delikatessen serviert. Sie alle kämpfen für ein Leben in Freiheit, ohne wirklich frei zu sein…
Ganze neun Jahre brauchte DIE UNSICHTBAREN – WIR WOLLEN LEBEN, um das Licht der Kinosäle zu erblicken. Herausgekommen ist ein eindrucksvolles Stück Zeitgeschichte, das durch seine gelungene Verwebung von Drama und Dokumentation noch lange nachhallt.
Ich muss ehrlich zugeben, dass ich zu Beginn des Films kurzzeitig verwirrt war, schließlich hatte ich ein reines Drama über das Überleben von vier Juden in Berlin erwartet. Doch plötzlich wurden Interviews mit genau diesen Menschen eingeblendet, die uns ihre Geschichte mit den eigenen Worten beschreiben. Es wurde mir jedoch sehr schnell klar, dass das ein absoluter Glücksgriff für den Film ist, denn auf diese Weise erfährt er eine Wahrhaftigkeit wie kaum ein anderer Film.
Hanni Lévy, eine der vier Hauptpersonen des Films, war es besonders wichtig, dass endlich einmal die Menschen geehrt werden, die ihr Überleben damals überhaupt ermöglicht haben, wie sie uns im Interview erzählt hat. Auch bei Vorträgen zu diesem Thema erwähnt sie gerne, dass es neben all den Gräueltaten eben auch gute Menschen gab, die anderen zur Hilfe eilten.
DIE UNSICHTBAREN – WIR WOLLEN LEBEN ist ein immens wichtiges Stück unser aller Geschichte, das gerade in Zeiten ständig neu aufkeimender rechtsgerichteter Tendenzen von jedem Menschen gesehen werden sollte. Besser kann man dieses Thema schlichtweg nicht aufbereiten.
Im Rahmen des Filmfests Hamburg hatte ich die Gelegenheit, mich mit Hanni Lévy und Alice Dwyer, die sie im Film spielt, zu unterhalten. Wir sprachen u.a darüber, wie ihr Untertauchen damals abgelaufen ist, warum sie nicht an eine Flucht gedacht hat und was all die Menschen, die immer noch nicht aus der Geschichte lernen wollen, in ihr auslösen.
Die Unsichtbaren – Wir wollen leben (Deutschland 2017)
110 Minuten
Drama / Dokumentation
Claus Räfle
Claus Räfle, Alejandra López
Max Mauf, Alice Dwyer, Ruby O. Fee, Aaron Altaras, Victoria Schulz, Florian Lukas, Andreas Schmidt, Laila Maria Witt, Sergej Moya, Lucas Reiber, Rick Okon
Tobis Film GmbH & Co. KG