Charlie ist gerade auf die High School gekommen und schlägt sich mit alterstypischen Problemen herum. Als er die lebenslustigen Geschwister Sam und Patrick kennenlernt und bisher unbekannte Gefühle für Sam entwickelt, ist die Verwirrung komplett. Aber selbst die erste große Liebe, wilde Partys, Drogen und Stress innerhalb der Familie trüben seinen Blick auf die Welt nicht – er beobachtet sein Umfeld genau, macht sich Gedanken über seine Mitmenschen und versucht, seine eigene Rolle zu finden… in dem, was wir Leben nennen.
Das Wichtigste gleich vorweg: VIELLEICHT LIEBER MORGEN ist einer der schönsten Filme, die in diesem Jahr bislang ins Kino gekommen sind, wenn nicht sogar DER Beste. Man merkt von der ersten Minute an, dass Regisseur Steven Chbosky, der bereits die Romanvorlage (in Deutschland unter dem Titel „Das also ist mein Leben“ erschienen) geschrieben hat, der Film am Herzen liegt. Einfühlsam und respektvoll beobachtet er die Heranwachsenden, nimmt ihre Probleme und Sorgen ernst und lässt den Zuschauer an ihrem Leben teilhaben. Dabei schneidet er jede Menge großer Probleme an, die eigentlich für sich allein stehend schon eine Verfilmung gerechtfertigt hätten. Der Selbstmord eines besten Freundes oder angebliche Promiskuität – selbst solche schwierigen Themen umschifft der Film perfekt, ohne sie zu sehr in den Vordergrund zu stellen, aber auch ohne ihnen den notwendigen Respekt zu verwehren.
Chbosky wertet den Film mit eindrucksvollen Darstellern auf, allen voran Logan Lerman als schüchterner Charlie, Ezra Miller als verrückter Außenseiter und die charmante Emma Watson als seine Stiefschwester, die mit diesem Film ihr Harry-Potter-Image elegant beiseite legt.
VIELLEICHT LIEBER MORGEN überzeugt aber auch in den Dialogen, die stellenweise unglaublich viel Wahrheit und Weisheit beeinhalten, ohne jedoch oberlehrerhaft zu wirken. So zieht Emma Watson in einer Szene ihre bisherige Männerauswahl in Zweifel, indem sie sich fragt, warum „ich und alle die ich kenne, immer diejenigen auswählen, die uns behandeln, als wären wir nichts“. Charlies Antwort ist dabei so einfach wie wahr: „Wir suchen uns die Liebe, von der wir glauben, dass wir sie verdienen“.
Chbosky gelingt es wie keinem anderen, in jedem Moment des Filmes den richtigen Ton zu treffen und seine Charaktere glaubwürdig erscheinen zu lassen. In dieser Gruppe von Aussätzigen wäre man als Zuschauer nur zu gerne Mitglied – um die Vorzüge zu nutzen, ein Mauerblümchen zu sein – so der Originaltitel: THE PERKS OF BEING A WALLFLOWER.
VIELLEICHT LIEBER MORGEN ist – zusammenfassend gesagt – das Filmhighlight schlechthin in diesem Jahr. Vergessem Sie Batman oder die Avengers – HIER spielt das richtige Leben.
The Perks of Being a Wallflower (USA 2012)
103 Minuten
Drama
Stephen Chbosky
Stephen Chbosky
Logan Lerman, Emma Watson, Ezra Miller, Mae Whitman, Kate Walsh, Dylan McDermott, Melanie Lynskey, Nina Dobrev, Johnny Simmons, Paul Rudd, Erin Wilhelmi, Reece Thompson
Capelight Pictures