Christian (Claes Bang) ist der smarte Kurator eines der größten Museen in Stockholm. Die nächste spektakuläre Ausstellung, die er vorbereitet, ist „The Square“. Es handelt sich um einen Platz, der als moralische Schutzzone fungieren und das schwindende Vertrauen in die Gemeinschaft hinterfragen soll. Doch wie bei den meisten modernen Menschen reicht auch bei Christian das Vertrauen nicht weit – er wohnt abgeschottet in einem stylischen Apartment und würde seinen Tesla nicht unbeaufsichtigt in einer zwielichtigen Gegend parken. Als Christian ausgeraubt wird und ihm kurz darauf die provokante Mediakampagne zu „The Square“ um die Ohren fliegt, geraten sein Selbstverständnis wie auch sein Gesellschaftsbild schwer ins Wanken.
Bereits mit seinem Film HÖHERE GEWALT hat Ruben Östlund gezeigt, dass er ein Spezialist für die Betrachtung zwischenmenschlicher Probleme ist. Mit seinem neuen Film THE SQUARE beleuchtet er jetzt auf satirische Weise den Unterschied zwischen dem, was wir tun und dem, was wir für richtig halten – und liefert nichts weniger als ein Meisterwerk ab.
Die Initialzündung zu dem Film lieferten Gerichtsakten über eine Gruppe von Kindern, die in Göteborg andere Kinder auf offener Straße überfallen haben. Obwohl dabei so gut wie immer Erwachsene in der Nähe waren, ist niemand eingeschritten. es schien fast so zu sein, als ob die Kinder und die Erwachsenen sich auf zwei völlig unterschiedlichen Ebenen bewegt hätten.
Daraufhin erzählte ihm sein Vater, dass er in den 1950er Jahren von seiner Mutter immer mit einem Namens- und Adressschild um den Hals zum Spielen auf die Straßen von Stockholm geschickt wurde. Heute ist eher das Gegenteil der Fall und genau diese Veränderung im Verhalten der Menschen hat ihn interessiert, wie Östlund uns im Interview verraten hat. Früher wurden fremde Menschen als potentielle Helfer angesehen, während man heute beinahe automatisch von einer Bedrohung ausgeht.
Östlund greift aber auch viele Probleme der heutigen Gesellschaft auf und zeigt, dass wir oftmals nicht so handeln, wie es unsere Ideale eigentlich vorsehen. Natürlich treibt er es in THE SQUARE auf die Spitze, verdeutlich so aber äußerst deutlich das Dilemma, in dem wir uns befinden.
Auch wenn THE SQUARE eine Lauflänge von stolzen 151 Minuten aufweist, fühlt sich der Film zu keinem Zeitpunkt auch nur eine einzige Minute zu lang an. Das liegt vor allem daran, dass Östlund ein Meister in der exakten Beobachtung ist und es wie kein anderer versteht, diese Observationen in eindrucksvolle Bilder zu verwandeln.
Das einzige Manko – daher der halbe Punktabzug – ist vielleicht, dass er die einzelnen Handlungsebenen nicht immer vollkommen zufriedenstellend miteinander verwoben hat. Aber das ist eigentlich Jammern auf höchstem Niveau, denn THE SQUARE ist eine Gesellschaftssatire, die uns zum Lachen und zum Nachdenken bringt. Und ein Film, über den man im Anschluss diskutiert, kann nur ein guter Film sein. Und wer weiß, vielleicht überdenkt ja der eine oder andere Zuschauer einmal seine Taten. Die Gesellschaft hätte es in jedem Fall verdient.
Beim Filmfest Hamburg hatte ich die Gelegenheit, mit Ruben Östlund über seinen Film THE SQUARE zu sprechen:
The Square (Schweden / Deutschland / Dänemark / Frankreich 2017)
151 Minuten
Drama
Ruben Östlund
Ruben Östlund
Claes Bang, Elisabeth Moss, Dominic West, Terry Notary, Christopher Læssø, Marina Schiptjenko, Elijandro Edouard, Daniel Hallberg, Martin Sööder
Alamode Filmdistribution OHG