Der Film der Woche

Teheran Tabu

16.11.2017

Pari, Babak, Sara und Donya leben in der iranischen Hauptstadt Te- heran. Um den Lebensunterhalt für sich und ihren fünfjährigen Sohn Elias zu verdienen, arbeitet Pari als Prostituierte und verkauft ihren Körper an einen einflussreichen Richter, der ihr vermeintlich zu einem besseren Leben verhilft. Von einem schöneren Leben träumt auch ihre Nachbarin Sara, die ein gehorsames Hausfrauendasein unter ihrem Mann und seinen strenggläubigen Eltern fristet, aber viel lieber wieder arbeiten gehen würde. Der jungen Donya steht ein ähnliches Schicksal bevor. In wenigen Tagen wird sie heiraten. Trotzdem lässt sie sich auf eine Nacht mit dem jungen Musiker Babak ein und verlangt hinterher von ihm, für eine Operation zu zahlen, die ihre Jungfräulichkeit wiederherstellt. Nur wo soll der arme Student das Geld hernehmen und wie die staatlichen Kontrollorgane um- gehen? Vier Schicksale, die eng miteinander verflochten sind, vier Menschen, die alle auf ihre Weise unter den restriktiven Gesetzen des Gottesstaats zu leiden haben. 

Kritik

Mit TEHERAN TABU bietet der deutsch-iranische Regisseur Ali Soozandeh einen eindrucksvollen Einblick in das Leben im Iran, insbesondere in das der Frauen. 

Vorweg sollten wir vielleicht einmal eines klarstellen: TEHERAN TABU ist kein Film für Kinder, auch wenn viele diese Assoziation automatisch herstellen, wenn es um Animationsfilme geht. Nein, der Grund für den Einsatz der sogenannten Rotoskopie-Technik ist ein gänzlich anderer. Gerade wenn man einen kritischen Film über den Iran drehen will, ist es natürlich unmöglich, direkt vor Ort zu drehen. Man hätte natürlich auf Länder wie Marokko oder Jordanien ausweichen können, in denen es ein ähnliches Stadtbild gibt, aber die Idee gefiel Soozandeh nicht wirklich. Da er selbst aus der Animationsszene stammt, lag die Variante der Rotoskopie natürlich recht nahe. Dabei werden die Szenen von realen Darstellern gespielt und dann nachträglich in Animationen umgewandelt. 

Die Geschichten der Frauen, die Soozandeh erzählt, handeln übergreifend alle von der im Iran vorherrschenden Doppelmoral und dem Kampf der Frauen um Unabhängigkeit. Jeder Handlungsstrang ist extrem interessant und bietet uns einen Einblick in das dortige Leben, das natürlich stark von unserer Vorstellung abweicht. Kein Wunder also, dass der Film gerade von Iranern durchaus gemischt aufgenommen wurde. Während die einen sich freuen, dass diese Probleme endlich einmal thematisiert werden, bemängeln die anderen, dass das doch alles gar nicht stimmen würde. Aber wenn man im Iran lebt, dann sind Korruption und Doppelmoral schon beinahe selbstverständlich. Erst durch einen Blick aus dem Ausland auf das Land erkennt man, wie falsch das alles ist, so Soozandeh in unserem Interview (s.u.).

TEHERAN TABU ist ein wirklich sehenswerter Film mit einer wundervollen Umsetzung zu einem wirklich wichtigen Thema. Es ist beruhigend, zu sehen, dass ein solcher Film den Weg in unsere Kinos findet. Belohnen wir das doch einfach alle mit einem Kinobesuch. Verdient hat es der Film allemal.

Interviews

Im Rahmen des Filmfests Hamburg habe ich mich mit dem dem Regisseur Ali Soozandeh, sowie seiner Hauptdarstellerin Elmira Rafizadeh, getroffen und mit ihnen über die Gründe für das Rotoskopie.Verfahren gesprochen, außerdem über das Leben im Iran, die dort vorherrschende Doppelmoral und die Rolle der Frau in der Gesellschaft.

Zusätzlich habe ich noch mit der Schauspielerin Zar Amir Ebrahimi über TEHERAN TABU gesprochen, sowie darüber, dass es im Iran ein generelles Sex-Problem gibt, dass die Menschen vor den Problemen ihre Augen verschließen, wie es für sie war, in einem Film animiert zu werden und ob Sie jetzt überhaupt noch die Möglichkeit hat, in den Iran zurückzukehren.

Trailer

ab16

Originaltitel

Teheran Tabu (Deutschland / Österreich 2016)

Länge

96 Minuten

Genre

Drama / Animation

Regie

Ali Soozandeh

Drehbuch

Ali Soozandeh

Darsteller

Elmira Rafizadeh, Zar Amir Ebrahimi, Arash Marandi, Bilal Yasar

Verleih

Camino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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