Der Film der Woche

Petite Maman – Als wir Kinder waren

17.03.2022

Mit ihrer zurückhaltenden, aber dennoch äußerst emphatischen Erzählweise kann Regisseurin und Autorin Celine Sciamma immer wieder überzeugen – so auch in ihrem neuesten Werk PETITE MAMAN – ALS WIR KINDER WAREN.

Nachdem ihre Großmutter verstorben ist, fährt die achtjährige Nelly mit ihren Eltern zum Haus der geliebten Oma, um es auszuräumen. Sie stöbert durch die alten Spielsachen ihrer Mutter Marion und fragt wissbegierig nach deren Kindheit. Doch Marion will sich ihrer Vergangenheit nicht stellen, reist überstürzt ab und lässt Mann und Tochter allein zurück. Während ihr Vater am Haus arbeitet, streift Nelly durch die Wälder und trifft dort auf ein Mädchen, dass ihr wie ein Ei dem anderen gleicht. Schnell entwickeln die beiden eine innige Freundschaft und teilen ein mystisches Geheimnis, das sie auf wundersame Weise verbindet…

Gleich die ersten Szene des Films öffnet dem Zuschauer das Herz: Allein wandert die achtjährige Nelly im Altersheim von Zimmer zu Zimmer und verabschiedet sich von jedem der Bewohner, nur um im letzten Zimmer auf ihre Mutter zu treffen, die gerade die letzten Habseligkeiten ihrer Großmutter einpackt. So bescheiden diese Szene auch zu sein scheint, sie beschreibt perfekt die Gefühlswelt, in der sich das kleine Mädchen gerade befinden muss.

Als sie später im Wald auf das fremde Mädchen trifft, das zufälligerweise Marion heißt, ist für den Zuschauer schnell klar, dass Nelly es hier mit ihrer eigenen Mutter als junges Mädchen zu tun hat. Und während man noch kurz darüber nachdenkt, zu welch einem Twist das Ganze eventuell führen könnte, wird schnell klar, dass das hier überhaupt keine Rolle spielt. Niemand hat die Absicht, die Zukunft zu verändern – selbst als Marion Nelly erzählt, dass sie später einmal Schauspielerin werden möchte, erwähnt Nelly mit keiner Silbe, dass das niemals eintreffen wird. Stattdessen genießen die beiden ihre gemeinsame Zeit. Ob sich dieses Treffen einzig und allein im Kopf der Achtjährigen abspielt, ist hier überhaupt nicht erheblich, Sciamma zeigt mit PETITE MAMAN lediglich ein Aufeinandertreffen von Mutter und Tochter auf Augenhöhe – im wahrsten Sinne des Wortes.

Manchmal benötigt ein Film nicht viel, um im Zuschauer etwas zu bewirken. Keine riesengroß aufgebauschte Handlung, keine mehrstündige Laufzeit, kein Bombast und keine Schauwerte. Manchmal reicht es vollkommen aus, eine kleine, feine Geschichte zu erzählen, seine Protagonisten ernst zu nehmen und sich auf die Kraft der Erzählung zu verlassen – so wie hier in PETITE MAMAN.

Trailer

ab0

Originaltitel

Petite Maman (Frankreich 2021)

Länge

73 Minuten

Genre

Drama

Regie

Celine Sciamma

Drehbuch

Celine Sciamma

Darsteller

Joséphine Sanz, Gabrielle Sanz, Nina Meurisse, Stéphane Varupenne, Margot Abascal

Verleih

Alamode Filmdistribution OHG

Filmwebsite

» zur Filmwebsite

Weitere Neustarts am 17.03.2022