Der Film der Woche

Lady Bird

19.04.2018

Der Alltag von Christine „Lady Bird“ McPherson (Saoirse Ronan) im kalifornischen Sacramento besteht aus High School-Routine, Familientrouble und ersten ernüchternden Erfahrungen mit Jungs. Kein Wunder also, dass die 17-Jährige davon träumt, flügge zu werden. Im echten Leben rebelliert sie mit Leidenschaft und Dickköpfigkeit gegen die Enge in ihrem Elternhaus. Doch allzu leicht macht ihre Mutter (Laurie Metcalf) dem eigenwillig-aufgeweckten Teenager die Abnabelung natürlich nicht, und so ziehen alle beide zwischen Trotz, Wut und Resignation immer wieder sämtliche Gefühlsregister. 

Kritik

Das Regiedebut von Greta Gerwig hat bereits große Wellen geschlagen, doch kann LADY BIRD dem Hype gerecht werden?

Nun, auf Gerwigs Film muss man sich defintiv einlassen, um ihn genießen und vor allem wertschätzen zu können. Bei der Erstsichtung habe ich mich ausschließlich auf die Vorschusslorbeeren konzentriert und versucht, die Besonderheiten zu entdecken. Irgendwie ist mir das an diesem Tag so ganz und gar nicht gelungen. Der Film plätscherte einfach nur vor sich hin und es gelang ihm so gar nicht, mich in sein Universum zu ziehen. Drehte sich der Hype vielleicht nur darum, dass es sich um eine weibliche Regisseurin und eine weibliche Hauptdarstellerin handelt – und das in einer Zeit, in der wir nach mehr Frauen vor und hinter Kamera rufen. Ich war, gelinde gesagt, enttäuscht. 

Doch warum hat LADY BIRD in mir nichts ausgelöst? Diese Frage ließ mich nicht mehr los. Also ging es Wochen später in die Zweitsichtung. Und siehe da – wie sehr sich ein Film doch verändern kann, wenn man sich auf ihn einlässt. Denn das Besonders an LADY BIRD liegt nicht im Großen und Ganzen, sondern in den kleinen, feinen Nuancen. Gerwig trifft den Nerv des Coming-of-Age-Genres punktgenau und Saoirse Ronan – brillant wie immer – ist der perfekte Katalysator dafür. Gerade die Beziehung zu ihrer Mutter, die oberflächlich so distanziert ist, hat so viel mehr zu bieten, doch das bleibt dem Zuschauer verborgen, wenn er nicht die Zeichen erkennt und die Geschichte im Kopf weiterspinnt. Dieses Lesen zwischen den Zeilen ist es dann auch, was LADY BIRD beim zweiten Mal so wahnsinnig in die Höhe gehoben hat. Wenn man erkennt, wie sehr Gerwig ihrem Publikum vertraut und es ihm überlässt, Teile der Geschichte zu Ende zu denken, ist bemerkenswert. Manchmal lohnt es sich eben, einen Film nicht aufzugeben, sondern sich erneut komplett auf ihn einzulassen. 

Trailer

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Originaltitel

Lady Bird (USA 2017)

Länge

95 Minuten

Genre

Drama

Regie

Greta Gerwig

Drehbuch

Greta Gerwig

Darsteller

Saoirse Ronan, Laurie Metcalf, Tracy Letts, Lucas Hedges, Timothée Chalamet, Beanie Feldstein, Lois Smith, Stephen McKinley Henderson, Odeya Rush, Jordan Rodrigues, Marielle Scott

Verleih

Universal Pictures International Germany GmbH

Filmwebsite

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