Der Film der Woche

Cortex

22.10.2020

Zwei Männer, zwei Leben, eine schicksalhafte Begegnung: Hagen (Moritz Bleibtreu) plagen unkontrollierte Schlafphasen, in denen er zwischen Traum und Realität nicht mehr unterscheiden kann. Die angeschlagene Beziehung zu seiner Frau Karoline (Nadja Uhl) leidet darunter mit jedem Tag mehr. Ihr Seitensprung mit dem Kleinkriminellen Niko (Jannis Niewöhner) setzt jedoch eine verstörende Verkettung der Geschehnisse in Gang, die das Leben beider Männer drastisch verändert. Ein nicht enden wollender Albtraum zwischen Wirklichkeit und Traum, der eine gnadenlose Spirale in Gang setzt…

Kritik

Mit dem spannenden Thriller CORTEX legt Moritz Bleibtreu nach vielen Jahren vor der Kamera nun sein Regie-Debut vor. Und das hat es in sich…

CORTEX ist ein für deutsche Verhältnisse recht ungewöhnlicher Film. Moritz Bleibtreu lehnt sich in seinem Regie-Debut eher dem US-amerikanischen Kino zu, als dem, was wir hierzulande als „typisch deutsch“ verschlagworten würden. Das meine ich weder abwertend noch despektierlich, nein, ich habe größten Respekt vor diesem Film und verneige mich ausdrücklich vor Moritz Bleibtreu.

Das beginnt ganz klar mit dem optischen Eindruck des Films. Eine starke Kameraführung, gepaart mit einem düsteren Look, unterstreicht das klaustrophobische Gefühl, dass die Story vermittelt. Und genau die hat es in sich: verwoben, manchmal sogar verworren, ringt sie dem Zuschauer einiges an Aufmerksamkeit ab. CORTEX ist einer dieser Filme, bei denen man sich am Ende fragt, ob man denn auch wirklich alles verstanden hat. Bei mir hat sich schon während der Sichtung der Drang aufgebaut, den Film unbedingt noch ein zweites Mal sehen zu müssen. Und wenn ich ehrlich bin, hat sich mir die Geschichte eigentlich erst nach dem anschließenden Gespräch mit Kollegen so richtig ergeben. Einige werfen dem Film vor, er würde zu wenig erklären oder den Zuschauer mehr verwirren als aufklären. Das mag durchaus der Fall sein, aber ich persönlich mag Filme, die mich herausfordern, über die ich nachdenken muss, um sie zu verstehen. In dieser Hinsicht hat Bleibtreu alles richtig gemacht.

Wenn Schauspieler gerade bei ihrem Regie-Debut alles selbst machen wollen, geht das leider in viel zu vielen Fällen nach hinten los. Drehbuch, Regie und Hauptrolle – da fehlt dann meistens die Stimme, die auch mal sagt „bis hierhin und nicht weiter“. Offenbar hat sich Bleibtreu aber bei seinem Projekt mit den richtigen Menschen umgeben, denn davon ist bei CORTEX herzlich wenig zu sehen.

Natürlich könnte man dem Film vorwerfen, dass er sich bei anderen Meisterwerken bedient hat. So erinnert die „Spiegelszene“ stark an „Lost Highway“ von David Lynch und die Kiste, von der niemand weiß, was sich darin befindet, kennen wir aus Tarantinos „Pulp Fiction“. Ich sehe das jedoch komplett anders, denn gerade wenn man seinen ersten Film dreht, möchte man den großen Meistern seinen Respekt zollen. Nichts anderes macht CORTEX und das ist auch gut so.

Auch der Sound des Films ist beeindruckend. Die Musik passt wie die Faust aufs Auge und gerade im großen Kinosaal kommt der „Wumms“ des Films richtig zur Geltung.

Bleibt zu hoffen, dass Bleibtreu jetzt Blut geleckt hat und sich weiterhin auch hinter die Kamera stellen mag. Das Zeug dazu hat er, denn CORTEX muss sich vor keiner US-Produktion verstecken. Ganz im Gegenteil. Chapeau, Mr. Bleibtreu!

Trailer

ab16

Originaltitel

Cortex (Deutschland 2020)

Länge

96 Minuten

Genre

Thriller

Regie

Moritz Bleibtreu

Drehbuch

Moritz Bleibtreu

Darsteller

Moritz Bleibtreu, Jannis Niewöhner, Nadja Uhl, Marc Hosemann, Anna Bederke

Verleih

Warner Bros. Entertainment GmbH

Weitere Neustarts am 22.10.2020