Der französische Autorenfilmer Stéphane Brizé („Mademoiselle Chambon“, „Der Wert des Menschen“) wählt in seinem melancholisch geprägten Liebesdrama ZWISCHEN UNS DAS LEBEN eine ähnliche Ausgangssituation wie Celine Song in ihrem famosen Regiedebüt „Past Lives“: Zwei Menschen, die einst ein Liebespaar waren, treffen sich nach langer Zeit wieder – und überdenken ihr Leben und die getroffenen Entscheidungen.
Der Schauspielstar Mathieu (Guillaume Canet) hat sein geplantes Theaterdebüt kurz vor der Premiere hingeschmissen und flüchtet in ein abgelegenes Wellnesshotel an der französischen Westküste. Es ist Nachsaison („Hors-Saison“, so der Originaltitel) und somit nicht viel Betrieb. Doch von den wenigen Gästen und Bediensteten wird Mathieu natürlich sofort erkannt und muss in den unpassendsten Situationen (u.a. auf der Massageliege) Selfies machen. Diese Szenen und der wirklich kuriose Kampf mit einem Kaffeeautomaten auf dem Hotelzimmer liefern erste komödiantische Highlights.
Doch Stéphane Brizé setzt in seiner Beziehungsstudie ZWISCHEN UNS DAS LEBEN weit mehr auf kluge Gespräche zwischen Mathieu und seiner Ex-Freundin, der Pianistin Alice (Alba Rohrwacher), die zufällig im selben Ort mit Mann und Kind wohnt – und nun nach 15 Jahren wieder Kontakt mit ihm aufnimmt: Die beiden sitzen an der Bar, im Restaurant oder wahlweise im Auto und unterhalten sich über ihr Leben, damals wie heute. Die Kamera von Antoine Hèberlè fängt das in langen, ruhigen Einstellungen ein.
Vieles funktioniert in ZWISCHEN UNS DAS LEBEN also über Dialoge. Alles hat die Anmutung eines Theaterstücks, die Schauplätze sind rar und verlassen. Die kontemplative Filmmusik von Vincent Delerm lullt ein. Der Franzose Guillaume Canet („Die schönste Zeit unseres Lebens“) und insbesondere die Italienerin Alba Rohrwacher („La Chimera“) glänzen aber durch nuancenreiches Spiel, fast nichts lenkt davon ab. Selbst die Landschaft der kleinen Küstenstadt in der Bretagne spiegelt das Innenleben wider.
Beide Charaktere sind eigentlich in festen familiären Verhältnissen, auch Mathieu hat Frau und Kind in Paris. Doch an diesem verlassenen Ort steht die Zeit eine Weile still. Da lässt sich herrlich das bisherige Leben reflektieren und über verpasste Chancen nachdenken. Natürlich nähern sich Mathieu und Alice in ZWISCHEN UNS DAS LEBEN wieder an, aber mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Stimmungsvoll fängt der preisgekrönte Regisseur Stéphane Brizé diese romantisch-melancholische Bestandsaufnahme ein – und setzt neben viel Tragik gelegentlich auch gelungene humoristische Akzente.
Hors-Saison (Frankreich 2023)
116 Minuten
Drama / Komödie
Stéphane Brizé
Stéphane Brizé, Marie Drucker
Guillaume Canet, Alba Rohrwacher, Sharif Andoura, Marie Drucker, Emmy Boissard Paumelle, Lucette Beudin, Gilberte Bellus, Hugo Dillon, Johnny Rasse, Jean Boucault
Alamode Filmdistribution OHG