Xoftex

17.04.2025

Mit erschütternden Spielfilmen über Flüchtlinge werden wir seit Jahren gepeinigt – und das meine ich positiv. Denn dieses Genre ist zu wichtig, um nicht zur Kenntnis genommen oder abgelehnt zu werden. Auch XOFTEX von Noaz Deshe ist ein Flüchtlingsdrama – aber so ganz anders als alles, was wir zu diesem Thema im Kino gesehen haben.

Der palästinensisch-syrische Teenager Nasser (Abdulrahman Diab) und sein älterer Bruder Yassin (Osama Hafiry) leben seit Jahren in dem griechischen Flüchtlingslager Softex und warten auf die Entscheidung über ihren Asylantrag. Das Leben in diesem riesigen Container-Areal mit seinen engen Gängen zwischen den hässlichen Hütten ist unerträglich. Die Behörden schikanieren die Insassen mit immer härteren Auflagen und Verboten, und ein verrückt gewordener Flüchtling terrorisiert alle Leidensgenossen.

Nasser und Yassin träumen von einem Leben in Schweden bei ihrer Schwester – doch das liegt in weiter Ferne. Als Ausgleich vertreiben sie sich die Zeit, indem sie mit ihrem Smartphone kleine Comedy-Sketche inszenieren und sogar einen Zombiefilm in Angriff nehmen. Nasser zieht sich immer mehr in sich zurück und imaginiert das Leben in Schweden. Er durchlebt noch einmal die stürmischen Fahrt über das Mittelmeer in einem Schlauchboot. Am Ende landet er in einer Fantasiewelt: Er sieht einen Baum im Weltall die Erde umkreisen, und aus einem Kornfeld ragen Hände. Poetischer geht’s kaum…

Was wie harte Realität beginnt, endet in purem Surrealismus. Regisseur Noaz Deshe, der zusammen mit Babak Jalali auch das Drehbuch schrieb, ging das Wagnis ein, sich mitten im Film um 180 Grad zu drehen. Das ist zunächst irritierend und gewöhnungsbedürftig. Die Grenze zwischen Realität und Fantasie wird immer fließender – und manchmal fühlt sich der Zuschauer auch ein bisschen verloren. Denn XOFTEX zeigt uns die Innenwelt eines Verzweifelten.

In traumhaft schönen Bildern inszeniert der in Berlin lebende Rumäne Noaz Deshe eine Welt, wie es sie geben könnte. Die Kamera, die der Regisseur selbst bedient hat, schwebt in kreisenden Bewegungen über dem Ganzen: Zu Beginn zeigt sie den brutalen Alltag des Flüchtlings, am Ende seine Flucht in die Fantasie.

Übrigens: XOFTEX wurde vor allem mit deutschem Geld produziert, auch die verdienstvolle ZDF-Reihe „Das kleine Fernsehspiel“ war beteiligt.

Ein böser und sehr rätselhafter Film!

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab12

Originaltitel

Xoftex (Deutschland / Frankreich 2024)

Länge

99 Minuten

Genre

Drama

Regie

Noaz Deshe

Drehbuch

Noaz Deshe, Babak Jalali

Kamera / Director of Photography (DOP)

Noaz Deshe

Darsteller

Abdulrahman Diab, Osama Hafiry, Jalal Albaroudi, Mouataz Alshaltouh, Amal Omran, Mohamad AlRashi, Lujain Mustafa, Yasin El Harouk

Verleih

Port au Prince Pictures GmbH

Filmwebsite

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