Wieder einmal versucht eine in Papierform erfolgreiche Young-Adult-Reihe den Sprung auf die große Leinwand. Doch trotz einiger guter Ansätze gelingt es Regisseur Damien John Harper mit WOODWALKERS nicht, den Funken überspringen zu lassen.
Eigentlich wirkt Jay (Emile Chérif) wie ein ganz normaler Jugendlicher, der sich bei seinen Pflegeeltern Anna (Hannah Herzsprung) und Donald Ralston (Lucas Gregorowicz) durchaus wohl zu fühlen scheint. Doch Jay trägt ein Geheimnis in sich: Er ist ein sogenannter Woodwalker, der seine Gestalt zwischen Mensch und Tier wandeln kann. Und eigentlich heißt er auch nicht Jay, sondern Carag. Als Puma ist er in der Wildnis aufgewachsen, bis er sich entschied, fortan als Mensch zu leben.
Als Jay bzw. Carag die Gelegenheit erhält, auf die renommierte Highschool von Lissa Clearwater (Martina Gedeck) zu gehen, ist er zunächst skeptisch. Doch dann erfährt er, dass hier alle Kinder Woodwalker sind und er fortan seine Kräfte nicht mehr unterdrücken muss. In Holly (Lili Falk), einem frechen Rothörnchen, und Brandon (Johan von Ehrlich), einem schüchternen Bison, findet er schnell Freunde. Und die kann Carag gut gebrauchen – denn die Welt der Woodwalker steckt voller Rätsel und Gefahren…
Seit 2016 sind sechs Bände der ersten und fünf Bände der zweiten Staffel der erfolgreichen WOODWALKER-Romane von Katja Brandis im Buchhandel erschienen und über 2,8 Millionen Mal in Deutschland verkauft sowie in 24 Sprachen übersetzt worden. Dass da irgendwann einmal eine Verfilmung folgen würde, war vermutlich unausweichlich. Als deutsche Produktion war es aus Kostengründen natürlich nicht möglich, im US-Bundesstaat Wyoming zu drehen, wo Brandis‘ Bücher eigentlich spielen. Aber immerhin hat man die englischen Namen der Protagonisten beibehalten, um die jungen Leser nicht vollends zu verwirren. Gedreht wurde unter anderem in Österreich, was einem Laien vermutlich nicht weiter auffallen wird.
Leider haben sich die Macher entschlossen, einige Tricks anzuwenden, um das Budget nicht allzu sehr zu strapazieren. So sprechen die Woodwalker untereinander per Telepathie, wodurch man sich aufwendige Mundbewegungen der animierten Tiere sparen konnte. Für die Zuschauer ist das eher ungünstig, da man so immer wieder damit beschäftigt ist, die Stimmen den einzelnen Tieren zuzuordnen.
Man merkt, dass Damien John Harper hier als Regisseur sein Bestes versucht hat. Wer u.a. seinen eindrucksvollen Film „Los Ángeles“ gesehen hat, der weiß, dass der in Colorado geborene Harper, der nach einem Studium der Anthropologie und Ethnologie noch ein Film-Studium an der HFF München anschloss, zu weitaus mehr fähig ist. WOODWALKERS wirkt auf weiter Strecke leider wie mit angezogener Handbremse erzählt.
Der Film verzichtet komplett auf eine Einführung der Hauptfigur und startet direkt mit dem Einladungsschreiben der Clearwater High. Wie Jay/Carag überhaupt zu seinen Pflegeeltern gekommen ist, wie er sich in das Leben als Mensch integrieren musste, wird lediglich an späterer Stelle kurz angedeutet. So wird die Geschichte im Endeffekt nur noch zu einer klassischen Young-Adult-Erzählung, die man so oder so ähnlich schon zig mal auf der Leinwand gesehen hat. Auch die Machtverhältnisse an der High School wirken arg generisch, und Streitereien oder gar Kämpfe finden meist Außerhalb des Sichtfeldes statt – vermutlich auch hier, um das Budget halten zu können.
WOODWALKERS greift zudem das universelle Thema des Auserwählten auf, der zu höherem berufen ist. Doch leider unterlässt es der Film, dies weiter zu unterfüttern und lässt uns lediglich mit der Behauptung zurück, der Puma sei unter den Gestaltswandlern etwas Besonderes.
Lediglich gegen Ende nimmt WOODWALKERS ein wenig mehr Fahrt auf, bevor dieser erste Teil auch schon vorbei ist. Im Jahresabstand sollen dann mindestens zwei weitere Teile in die Kinos kommen, in denen sich die Macher hoffentlich etwas mehr zutrauen. Immerhin ist das Potenzial vorhanden…
Woodwalkers (Deutschland 2024)
103 Minuten
Abenteuer / Drama / Fantasy
Damian John Harper
David Sandreuter, nach der gleichnamigen Buch-Reihe von Katja Brandis
Emile Chérif, Johan von Ehrlich, Lilli Falk, Sophie Lelenta, Emil Bloch, Olivia Sinclair, Oliver Masucci, Martina Gedeck, Hannah Herzsprung, Lucas Gregorowicz, Luna Arwen Krüger, Johannes Degen, David Wurawa, Anton Noori, Eugen Bauder
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