Ich habe das merkwürdige Gefühl, dass wir uns im Kino mitten in einem neuen Sub-Genre befinden: „Der Lehrer und das Dorf“! Zur Zeit erleben wir einen Dorflehrer im spanischen Bürgerkrieg, demnächst dürfen wir eine französische Lehrerin am Ende des 19. Jahrhunderts bewundern. Die aktuelle italienische Variante WILLKOMMEN IN DEN BERGEN – VERSETZUNG MIT AUSSICHT von Riccardo Milani spielt in den Abruzzen. Ein bisschen viel auf einmal!
Michele (Antonio Albanese) unterrichtet seit 20 Jahren in einer römischen Grundschule. Doch allmählich nerven ihn die neureichen Kids – und auch pädagogisch kann er nichts mehr bewegen. Auf eigenen Wunsch wird er in das idyllische 364-Seelendorf Rupe mitten im Nationalpark der Abruzzen versetzt. Doch die vermeintliche Idylle entpuppt sich als ein finsteres Kaff. Schon die Anfahrt mitten im Winter endet im Chaos: Mit seinen Sommerreifen bleibt er im Schnee stecken.
Als Großstädter fällt es ihm schwer, sich an die eisige Kälte und die Armut zu gewöhnen. Doch die meiste Sorge macht ihm der unverständliche Dialekt der Einheimischen, der eher an ein Grunzen als an eine Sprache erinnert. Nicht ohne Grund wählte der deutsche Verleih den geänderten Titel in Anlehnung an die französische Erfolgskomödie „Willkommen bei den Sch’tis“. Im Original heißt der Film „Un mondo a parte“ (dt.: „Eine Welt für sich“).
In der ebenso resoluten wie engagierten Vizedirektorin Agnese (Virginia Raffaele) findet Michele eine verständnisvolle Kollegin. In dieser „Zwergschule“ soll er nur sieben (!) Schülerinnen und Schüler unterrichten – das aber gleichzeitig in drei Klassenstufen. Mit unendlich viel Geduld gewinnt er das Vertrauen dieser Kinder. Doch die bornierten Erwachsenen zeigen offen ihre Verachtung für den Fremden. Und dann soll die Schule wegen Unrentabilität geschlossen werden…
Wie Michele, Agnese und die aufgeweckten Kinder auf raffinierte Weise versuchen, die Schulbehörde auszutricksen – das macht den Reiz dieser ländlichen Komödie aus. Dass dabei Regisseur Riccardo Milani nicht alle gängigen Klischees umschiffen konnte, ist verzeihlich. Doch warum musste er Micheles (vermeintlichen) Abschied vom Dorf als unsägliches Kitsch-Finale inszenieren? Da stehen dann plötzlich alle wilden Tiere an der Landstraße Spalier – auch die Bären und Wölfe. Wer’s glaubt!
Übrigens: Mit mehr als 1,1 Millionen Kinozuschauer*innen im eigenen Land war WILLKOMMEN IN DEN BERGEN – VERSETZUNG MIT AUSSICHT einer der erfolgreichsten italienischen Filme des Jahres 2024.
Un mondo a parte (Italien 2024)
114 Minuten
Tragikomödie
Riccardo Milano
Michele Astori, Riccardo Milano
Saverio Guarna
Antonio Albanese, Virginia Raffaele, Sergio Saltarelli, Alessandra Barbonetti
Filmwelt Verleihagentur GmbH