Christoph Hübner und Gabriele Voss haben 40 Jahre für ihre Langzeitdoku über das Ende des Bergbaus im Ruhrgebiet gedreht – und VOM ENDE EINES ZEITALTERS ist mit zwei Stunden und 41 Minuten Lauflänge auch nicht mal eben kurz geraten. Dieses Zeitdokument lohnt sich aber wirklich und bietet weit mehr als zunächst erwartet!
150 Jahre lang hat der Bergbau Land und Leute geprägt. Prosper-Haniel ist dabei der letzte Schacht, der noch genutzt wird und 2018 für die Kohleförderung eingestellt wird. Die Regisseur:innen Hübner und Voss schließen mit VOM ENDE EINES ZEITALTERS ihren Filmzyklus „Prosper/Ebel – Chronik einer Zeche und ihrer Siedlung“ ab – und schildern in diesem Lebenswerk nicht nur den Rückbau der Zeche detailgetreu, sondern beleuchten vor allem auch die Entwicklung der Region und die Einzelschicksale der Menschen dort.
Das große Ganze wird kaleidoskopartig ausgebreitet. Die harten Arbeitsbedingungen der Kumpel unter Tage werden genauso geschildert wie das soziale und ökonomisch-ökologische System drumherum. Die Bewohner der Zechen-Siedlungen erzählen eine Migrationsgeschichte, die von Zusammenhalt und Brauchtum geprägt war – und teilweise noch ist: Am letzten Öffnungstag der Zechen-Kantine wird es wirklich sehr gefühlig. Das hätte Hollywood nicht besser inszenieren können!
Auch wenn eine Kirche schließen muss und der örtliche Sportverein ums Überleben kämpft, zeichnet VOM ENDE EINES ZEITALTERS ebenso facettenreich den gelungenen postindustriellen Wandel im Ruhrgebiet nach: Durch Renaturierung entstehen schöne Landschaften und Seen, die zum Verweilen einladen. Und der schmuddelige Fluß hat wieder klares und sauberes Wasser. Industriedenkmäler werden errichtet und Museen eröffnet, die an die Vergangenheit erinnern. Und in Führungen wird von der Geschichte des Stadtteils und der Region erzählt.
Es fehlt natürlich der gemeinsame Arbeitgeber und ein Teil der Identität ist verloren gegangen, aber der Strukturwandel hat ebenso viel Gutes bewirkt. VOM ENDE EINES ZEITALTERS schildert dennoch einige kapitalistische Auswüchse, die zu viel des Guten sind. In einer Zeit, wo Dokus schnell geschrieben und inszeniert werden, liefern die Filmemacher:innen Hübner und Voss genau das Gegenteil ab: Sie haben jahrelang mit den Menschen vor Ort verbracht und genau beobachtet!
Vom Ende eines Zeitalters (Deutschland 2024)
162 Minuten
Dokumentation
Christoph Hübner, Gabriele Voss
Bürger*innen des Stadtteils Ebel (Bottrop) und Beschäftigte der Prosper-Zechen
Film Kino Text – Jürgen Lütz eK