Victoria muss weg

03.04.2025

Endlich mal ein Kinderfilm, der nicht mit extrem überzeichneten und albern-dämlichen Figuren daherkommt. Warum VICTORIA MUSS WEG aber trotzdem einen leichten Beigeschmack mitbringt…

Hendrik (Sverre Thornam) und Hedwig (Mille Sophie Rist Dalhaug) stammen aus guten Verhältnissen, sind immer äußerst adrett gekleidet, und mit ihrer Ausdrucksweise zeigen sie, dass man sie durchaus als klassische „Rich Kids“ bezeichnen kann. Doch eines stört die beiden, und das ist ihre Stiefmutter Victoria (Ine Marie Wilmann), die sie immer mehr herumkommandiert. Ihre ständigen neuen Regeln nerven gewaltig, und so ist der Entschluss schnell gefasst: Victoria muss weg! Die beiden Neunmalklugen entscheiden sich, einen Auftragskiller zu engagieren, doch das ist im ländlichen Norwegen gar nicht so einfach. Bei ihrer Suche stoßen sie letztendlich auf Carl (Leo Ajkić), der ihnen aufgrund seines Migrationshintergrunds als am geeignetsten erscheint. Doch Carl weigert sich, und so versuchen es die Kinder erst einmal selbst. Leider vernascht die Oma versehentlich das vergiftete Kirschkompott, überlebt jedoch und schließt sich dem Plan der Kinder an. Und als Carl in die Mühlen der norwegischen Bürokratie und zudem in Geldnot gerät, willigt er in das Mordkomplott ein…

Immer wieder regen wir uns in der Redaktion auf, dass Kinderfilme ständig nach dem gleichen Schema ablaufen. Meist sind es trottelige Ganoven, die den kleinen Protagonisten nicht im Geringsten das Wasser reichen können. Je absurder, desto besser. Klar, solche Filme funktionieren in der Zielgruppe, aber trotzdem ist es schön, wenn hier und da mal ein Vertreter um die Ecke kommt, der es auf andere Weise versucht. Und mal ehrlich, wer hätte gedacht, dass es in einem Kinderfilm einmal um verzogene Gören geht, die die böse Stiefmutter – auch ein äußerst bekanntes Motiv – nicht nur loswerden, sondern gleich töten wollen.

Ganz ehrlich, ich hadere immer noch ein wenig mit der Prämisse des Films. Sollte man in einem Kinderfilm Themen wie Vergiftung und Auftragsmord thematisieren? Ich bin diesbezüglich leider auch beim Schreiben dieser Zeilen zu keiner zufriedenstellenden Antwort gelangt. Ich fühlte mich aber an ein Dilemma erinnert, in dem ich mich 2012 befand. Damals erschien der erste Teil der neuen „Fünf Freunde“-Reihe, in dem sich am Ende herausstellte, dass ausgerechnet die beiden Polizisten die Bösen waren. In einer Zeit, in der es immer mehr Gewalt gegen Polizeibeamte gab, empfand ich das als äußerst problematisches Signal für ein junges Publikum. So ähnlich geht es mir auch in diesem Fall. Soll ich es gutheißen, dass es bei diesen Kindern offenbar vollkommen normal ist, bei Problemen mit der bösen Stiefmutter gleich an einen Auftragskiller zu denken?

Auf der anderen Seite freue ich mich aber auch, dass der Film von Regisseurin Gunnbjörg Gunnarsdottir, die zusammen mit Rolf-Magne Andersen auch das Drehbuch geschrieben hat, seine Figuren ernster nimmt als so manch andere Vertreter des Genres. Und ja, VICTORIA MUSS WEG sorgt auch für einige gute Lacher, und Hedwig und Hendrik sind als verzogene Brut herrlich überzeichnet – aber eben nicht in einer albernen Variante. Und vielleicht muss man manchmal die Pädagogik auch mal außen vor lassen, schließlich spricht der Film auch wichtige Themen wie Alltagsrassismus oder übermäßigen Medienkonsum an.

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab6

Originaltitel

Victoria må dø (Norwegen 2024)

Länge

86 Minuten

Genre

Komödie / Familie

Regie

Gunnbjörg Gunnarsdottir

Drehbuch

Gunnbjörg Gunnarsdottir, Rolf-Magne Andersen

Kamera / Director of Photography (DOP)

Øyvind Svanes Lunde

Darsteller

EIne Marie Wilmann, Leo Ajkić, Morten Svartveit, Agnete G. Haaland, Mille Sophie Rist Dalhaug, Sverre Thornam, Anette Hoff, Thomas Bipin Olsen, Arthur Berning, Kai Ole Taule

Weitere Neustarts am 03.04.2025