Das hätte ein wunderbarer Film über die Faszination des Chorgesangs werden können! Eine Gruppe von Menschen, die voll Enthusiasmus gemeinsam ein Stück Vokalmusik aufführen – und die Herzen der Zuhörer gehen dabei auf. Was kann es Schöneres geben? Doch der Dokumentarfilm UNSERE HERZEN – EIN KLANG von Torsten Striegnitz und Simone Dobmeier verweigert sich leider dieser Erwartungshaltung. Er ist nicht das, was wir alle erwartet haben. Schade!
Die erste Musik des christlichen Altertums, die wir kennen, war rein vokal: Es begann mit den einstimmigen gregorianischen Chorälen der Mönche im frühen Mittelalter, dann kamen nach und nach die zweite, dritte und vierte Stimme dazu – bis in der Gotik der vierstimmige Gesang das Musikleben Europas beherrschte. Und alle diese Kompositionen sind überliefert. Erst sehr viel später wurden Musikinstrumente zur Verstärkung des Gesangs eingesetzt – wie wir dies heutzutage kennen. Aber der „reine“ A-cappella-Gesang (so der eigentliche Name) prägte eine ganze Epoche.
Leider wählten die Regisseure Torsten Striegnitz und Simone Dobmeier in ihrem Dokumentarfilm einen anderen Weg. Statt uns die Vielfalt des (nicht instrumentalen) Chorgesangs zu präsentieren, konzentrierten sie sich auf drei Chorleiter, die im Laufe des Films mehrere Ensembles dirigieren: den renommierten Engländer Simon Halsey, die Berliner Gesangspädagogin Judith Kamphues – eine Expertin für das „Einsingen“, also für das sich Lockern vor dem ersten Stück – und die in Deutschland studierende Südkoreanerin Hyunju Kwan, die am Ende einen internationalen Dirigier-Wettbewerb in Italien gewann.
Er gibt so viele wunderschöne Chorstücke aus den vergangenen 1000 Jahren, die uns immer noch verzaubern. Man denke nur an einen Teenager, der im 18. Jahrhundert mit seinem Vater in der Sixtinischen Kapelle einem besonderen Stück lauschte, das damals nur dort aufgeführt werden durfte. Nach dem Konzert wurden die Noten wieder eingeschlossen. Und was tat der Knirps? Zurück im römischen Gasthof schrieb er das komplette Werk aus dem Gedächtnis auf Notenpapier auf – und Gregorio Allegris „Miserere“ ging um die Welt. Sein Name: Wolfgang Amadeus Mozart!
Ich muss gestehen: Episoden wie diese habe ich in UNSERE HERZEN – EIN KLANG vermisst. Da haben die beiden Regisseure viel verschenkt. Drei Menschen beim Dirigieren zu beobachten, ist nicht unbedingt abendfüllend – zumal die aufgeführten Werke nicht gerade zum Kanon des Chorgesangs zählen. Hier wurde die Chance vertan, „Musikbanausen“ den Weg zum Chorgesang zu ebnen.
Unsere Herzen – Ein Klang (Deutschland 2022)
113 Minuten
Dokumentation
Torsten Striegnitz, Simone Dobmeier
Torsten Striegnitz, Simone Dobmeier
Simon Halsey, Judith Kamphues, Hyunju Kwon
Neue Visionen Filmverleih GmbH