Im Juni 2023 hat THE PERSIAN VERSION das Filmfest München eröffnet und dort das Publikum restlos begeistert. Trotzdem bringt Sony diese Perle erst jetzt regulär in die deutschen Kinos. Doch das Warten hat sich gelohnt…
Leila (Layla Mohammadi) ist eine iranisch-amerikanische junge Frau, die schon immer versucht hat, ihre beiden Kulturen in Einklang zu bringen, die nicht gegensätzlicher sein könnten. Aufgewachsen mit acht Brüdern fühlt sie sich immer wieder zwischen den Stühlen, obwohl ihre Eltern bereits 1967 in die USA emigriert sind. Dabei stellt Leila so manche Eigenheiten und Etiketten in Frage, die ihr ihre Familie und die Gesellschaft kurzerhand verpassen. Als die ganze Familie aufgrund der bevorstehenden Herztransplantation ihres Vaters in New York City zusammenkommt, versucht sie, ihr Privatleben erst einmal vor allen zu verbergen. Doch als ihr Geheimnis gelüftet wird, zeigen sich auch die deutlichen Parallelen zwischen Leila und ihrer Mutter Shireen (Niousha Noor)…
Als ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal vom Filmfest München berichtete, stand natürlich von vorn herein fest, dass der Eröffnungsfilm dabei nicht fehlen darf. Und so ging ich ohne großes Vorwissen in die Vorstellung von THE PERSIAN VERSION – und wurde komplett abgeholt!
Es wird schnell klar, dass die Hauptfigur der Leila autobiographische Züge der Regisseurin Maryam Keshavarz trägt, die auch das Drehbuch geschrieben hat. Gerade die erste Hälfte des Films gestaltet Keshavarz äußerst turbulent und vielfältig. Da wird wild zwischen den Zeitebenen gesprungen, und immer mal wieder durchbricht Leila die vierte Wand und spricht den Zuschauer direkt an. Auch das Bild friert hier und dort mal kurz ein, um besondere Ereignisse noch einmal zu unterstreichen. Das passt perfekt zur quirligen und queeren Art der Hauptfigur und verleiht dem Film eine Lässigkeit, die ihm verdammt gut tut.
In der zweiten Hälfte gelingt es der Regisseurin zudem, der Geschichte eine zusätzliche Tiefe zu geben, die man im komödiantischen Genre sonst eher selten zu sehen bekommt. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht zu viel verraten, lediglich, dass es zu der „offiziellen“ Version der Geschichte, die einst zur Auswanderung der Familie Jamshidpour führte, noch eine „iranische“ Version gibt, mit der auch das etwas gespaltene Verhältnis zwischen Leila und ihrer Mutter Shireen erklärt wird.
Maryam Keshavarz arbeitet in ihrem Film zudem sehr gekonnt gegen Stereotypen an, schließlich sind alle Männer hier lediglich Randfiguren. Das ist in keinster Weise negativ gemeint, im Gegenteil. Hier haben die Frauen die Hosen an und das ist auch gut so.
Mit THE PERSIAN VERSION ist Maryam Keshavarz ein unfassbar guter Film gelungen, der nicht nur fabelhaft unterhält, sondern auch mit Geschlechterklischees aufräumt, ohne dabei den erhobenen Zeigefinger mitschwingen zu lassen. Was für ein wunderbarer Film!
The Persian Version (USA 2023)
108 Minuten
Drama
Maryam Keshavarz
Maryam Keshavarz
Layla Mohammadi, Niousha Noor, Kamand Shafieisabet, Bijan Daneshmand, Bella Warda, Chiara Stella, Tom Byrne, Shervin Alenabi
Sony Pictures Releasing GmbH