The Last Showgirl

20.03.2025

Irgendwie wurde Pamela Anderson seit ihrer Zeit als Baywatch-Nixe recht wenig zugetraut. In Gia Coppolas THE LAST SHOWGIRL kann sie ungeschminkt zeigen, was tatsächlich in ihr steckt…

Seit 30 Jahren steht Shelly (Pamela Anderson) in Las Vegas als Tänzerin auf der Bühne. In der „Razzle Dazzle Show“ zeigt sie Abend für Abend ihren Körper in knappen Outfits. Dabei sind ihre Kolleginnen Jodie (Kiernan Shipka) und Marianne (Brenda Song) längst zu einer Art Ersatzfamilie geworden. Doch die Zuschauerzahlen gehen immer mehr zurück, und so kommt das unausweichliche Ende schneller als gedacht: Die Show wird abgesetzt. Zusammen mit ihrer besten Freundin, der Cocktail-Kellnerin Annette (Jamie Lee Curtis) versucht Shelly fortan, die letzten Tage bis zur finalen Show mit Würde zu überstehen. Konfrontiert mit ihrer eigenen Vergangenheit nimmt Shelly Kontakt zu ihrer Tochter Hannah (Billie Lourd) auf, die sie einst der Karriere wegen in eine Pflegefamilie gegeben hat. Shellys Versuche, die Beziehung zu kitten, scheinen sogar auf fruchtbaren Boden zu treffen – bis Hannah ihre Show besucht und erkennt, für welche Art von Karriere ihre Mutter sie damals verlassen hat…

Pamela Anderson kennen viele nur als naive Blondine, sei es aus der TV-Serie „Baywatch“ oder aus Filmen wie „Barb Wire“ oder „Scary Movie 3“. Dabei hat die 57-Jährige eine durchaus eindrucksvolle Filmographie vorzuweisen – davon aber leider unfassbar viele Filme, die eher im Sekundärmarkt zu sehen waren. Mit THE LAST SHOWGIRL wächst Anderson aber noch einmal über sich heraus und zeigt, dass in ihr noch viel mehr schlummert. Zwar kokettiert sie an einigen Stellen des Films mit dem typischen Blondinen-Bild, doch es gelingt ihr trotzdem, der Figur einer Erotik-Tänzerin erstaunlich viel Tiefgang zu verleihen.

Hilfreich ist es dabei, ihre Figur größtenteils ungeschminkt zu präsentierten. Das wirkt fast so, als würde man hier einen komplett anderen Menschen kennenlernen. Einige würden das jetzt vielleicht als „mutig“ betiteln, ich sehe das aber ein wenig differenzierter und finde, das eine solche Aussage überhaupt nicht mehr in die heutige Zeit passt.

Kate Gersten verfasste das Drehbuch, welches wiederum auf ihrem eigenen Theaterstück „A Body of Work“ basiert. Gia Coppola („Palo Alto“, „Mainstream“) führte Regie und beide konzentrieren sich in erster Linie auf die Diskrepanz der Wahrnehmung zwischen Tänzerinnen und Außenstehenden. Pamela Andersons Figur Shelly schämt sich nicht für ihren Job, im Gegenteil. Für sie handelt es sich um eine ästhetische und würdevolle Darstellung, während ihre Tochter das Ganze eher als „trashigen Eighties-Nackttanz“ bezeichnet. Auch wenn sie erst einmal geschockt reagiert, scheint Shelly zum ersten Mal in ihrem Leben überhaupt eine andere Sichtweise an sich heranzulassen.

Man könnte hier leicht den Eindruck gewinnen, dass Coppola mit THE LAST SHOWGIRL den üblichen Weg beschreitet und eine Tänzerin zeigt, die erst spät, vielleicht sogar viel zu spät erkennt, dass sie den falschen Lebensweg eingeschlagen hat. Doch weit gefehlt: Coppola verteufelt Shelly und ihre Mittänzerinnen zu keinem Zeitpunkt. Sie vertritt auch niemals den Standpunkt, dass solche Shows überhaupt nicht mehr in die heutige Zeit passen. Nein, Coppola hält sich mit Schuldzuweisungen komplett zurück und überlasst es dem Publikum, selbst ein Urteil zu fällen.

Den Hauptdarstellerinnen der Show setzt Coppola zudem eine mehr als interessante Figur gegenüber: Der von Dave Bautista gespielte Eddie, der sich liebevoll um den Ablauf der Show und das Wohlergehen seiner Damen kümmert, entpuppt sich als Schaf im Wolfspelz – äußerlich durch sein Erscheinungsbild wirkt er absolut einschüchternd, innerlich hingegen ist er ein liebevoller Mensch, dem seine Mitarbeiterinnen wirklich am Herzen liegen.

Jamie Lee Curtis hingehen spielt wieder einmal alle an die Wand, sie ist der heimliche Star dieses Films. Das ist nicht verwunderlich, gibt die Schauspielerin doch selbst in Nebenrollen immer 200%, was ihr für „Everything, Everywhere, All At Once“ einen Oscar als beste Nebendarstellerin einbrachte.

Letztendlich ist es dann aber doch Pamela Anderson, die hier am meisten überrascht. Sicherlich schließt sie damit nicht automatisch zur ersten Liga der Charakterdarsteller:innen auf, aber sie zeigt in THE LAST SHOWGIRL, dass gerade Schauspielerinnen immer noch unterschätzt und viel zu schnell in Schubladen gesteckt werden.

Trailer

ab12

Originaltitel

The Last Showgirl (USA 2024)

Länge

89 Minuten

Genre

Drama

Regie

Gia Coppola

Drehbuch

Kate Gersten

Kamera / Director of Photography (DOP)

Autumn Durald Arkapaw

Darsteller

Pamela Anderson, Dave Bautista, Jamie Lee Curtis, Kiernan Shipka, Brenda Song, Billie Lourd

Verleih

Constantin Film Verleih GmbH

Filmwebsite

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