The Critic

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Wenn der ehrwürdige Ian McKellen in THE CRITIC in die Rolle eines Londoner Theaterkritikers in den 1930er-Jahren schlüpft, deutet das eigentlich auf einen interessanten Film hin. Doch selbst ein solch großer Mime kann nicht über die Unzulänglichkeiten des Drehbuchs hinwegtäuschen – aber immerhin eine Menge retten…

London, 1934: Jimmy Erskine (Ian McKellen) ist der berühmteste, aber auch gefürchtetste Theaterkritiker der Stadt. Seine Besprechungen im Daily Chronicle können Karrieren beenden – wer ihm nicht gut gesonnen ist, muss hart einstecken können. So wie die aufstrebende Schauspielerin Nina Land (Gemma Arterton), die Erskine bei jeder sich ihm bietenden Gelegenheit in der Luft zerreißt.

Als jedoch der Chef der Zeitung plötzlich stirbt und sein Sohn (Mark Strong) das Ruder übernimmt, steht Erskine plötzlich auf der Abschussliste – empfindet er dessen Extravaganz und das hedonistische Verhalten doch als gänzlich unangebracht. Auch die nächtelangen Partys und heimlichen Treffen mit jungen Männern – inklusive seinem „Sekretär“ Tom (Alfred Enoch) – sind in der Chefetage nicht wirklich gern gesehen.

Plötzlich stehen sein ausschweifender Lebensstil und sein Job auf dem Spiel, also schmiedet der Kritiker einen teuflischen Plan: Um sich selbst zu retten, zieht er die ahnungslose Nina in ein gefährliches Netz aus Intrige, Erpressung und Täuschung hinein – aus der es irgendwann kaum noch ein Entkommen gibt…

Sir Ian McKellen zählt auch mit seinen 85 Jahren noch immer zu den besten Mimen der britischen Insel. Allein sein Mitwirken adelt einen Film, wie auch in diesem Fall. Es ist ein absoluter Spaß, ihm bei seinem ausufernden Spiel zuzusehen. Doch selbst er kann nicht darüber hinweg täuschen, dass das Drehbuch zu wünschen übrig lässt. Viel zu lange nimmt sich THE CRITIC Zeit, um seine Hauptfiguren einzuführen und dem Zuschauer einzuhämmern, wie sie ticken. Das hätte man wesentlich kürzer und eleganter gestalten können. Interessant wird es erst, wenn McKellens Figur beginnt, seine Intrige zu spannen. Doch auch hier verkomplizieren Regisseur Anand Tucker und Drehbuchautor Patrick Marber die Handlung unnötig, so dass man als Zuschauer immer mal wieder leicht den Faden verliert. Und anstatt das Ganze in einem würdigen Showdown zu beenden, schleicht sich die Geschichte am Ende fast unbeachtet zur Hintertür hinaus.

THE CRITIC ist zwar schön anzusehen, und dank dem charismatischen Ian McKellen auch durchaus sehenswert – in der Summe enttäuscht der Film dann aber doch. Wäre die Rolle mit einem unbekannten Neuling besetzt, hätten ihn vermutlich alle Kritiker verrissen…