Sweet Disaster

Autor: Jan-Barra Hentschel

Mit elf Jahren im Hamburger „Savoy“ bei „Ben Hur“ die Liebe zum Kino entdeckt. Dann kam mit „Blow Up“ und „Belle de Jour“ der „Arthouse-Film“ dazu. Seit 1989 ständiger Filmjournalist für diverse Medien. Jetzt fühlt er sich hier bestens aufgehoben.

Für ein Thema sind gerade die Deutschen besonders prädestiniert: Betroffenheitskino mit komödiantischen Unterton. Eigentlich kann das nicht funktionieren – doch es wird immer wieder versucht. Die Deutsch-Finnin Laura Lehmus reflektiert in ihrem Spielfilmdebüt SWEET DISASTER ihr eigenes Schicksal: Wie ihre Protagonistin wurde sie mit 40 zum ersten Mal schwanger, aber der Erzeuger hatte sich längst verabschiedet.

Die 40-jährige Frida (Friederike Kempter) hatte ihre Mutter in Finnland besucht und flirtet nach der Ankunft in Berlin an der Flughafenbar mit dem schneidigen Kapitän Felix (Florian Lukas). Beide werden ein Paar, und Frida wird schwanger – in ihrem Alter. Als sie dies Felix mitteilen will, verkündet er ihr, dass er wieder mit seiner Ex zusammen ist. Alle ihre Versuche, ihn zurück zu gewinnen, scheitern: Sie lauert ihm am Flughafen auf und schickt seiner neuen/alten Freundin per Smartphone ein Ultraschallfoto ihres Fötus.

Frida arbeitet in einer Kita für geistig behinderte Kinder und lebt in einer typischen Berliner Altbauwohnung, dessen Fassade zur Zeit mit viel Krach renoviert wird. Einzige Freundin ist die 15-jährige Nachbarin Yolanda (Lena Urzendowsky), die ständig Zoff mit ihrer Mutter hat. Sie ist ein Technik-Genie und will unbedingt in Vancouver an der Technischen Hochschule studieren – was ihre Mutter natürlich nicht erlaubt. Als Frida und Yolanda mit deren selbstgebauter Drohne mal wieder Felix verfolgen, beweist Yolanda ihr Genie: Sie hatte die Drohne zweistufig gebaut, man kann somit den untreuen Mann mit zwei Kameras beobachten. (Genial!)

Eine Skatrunde von vier älteren, energischen Frauen, eine überforderte Mutter, die ihr behindertes Kind offenbar falsch ernährt, eine Kita-Leiterin, die Frida gnadenlos entlässt, als sie von deren Schwangerschaft erfährt, der Ärger im Jobcenter beim Hartz-4-Antrag: Die Regisseurin Laura Lehmus und ihre renommierte Drehbuch-Autorin Ruth Toma lassen wahrlich nichts aus. Und da die Kita-Kinder am liebsten „Baywatch“ anschauen, gönnen sie sogar Gast-Star David Hasselhoff einen Mini-Auftritt. Kaum zu glauben!

Regisseurin Laura Lehmus konnte sich nicht entscheiden: Was ist die Grundstimmung meines Films? Für eine Komödie schleppt SWEET DISASTER viel zu viel Ballast mit sich herum, als Tragödie fehlt dem Film die Tiefe. Mit gewollt absurden Animations-Sequenzen und hektischen Schnitten versucht die Regisseurin, den Rhythmus des Films zu beschleunigen. Doch es funktioniert nicht. Ein typischer Erstlingsfilm! Leider nur ein netter Versuch!

Trailer