Ein Liebespaar kann nicht zueinander kommen – aber sich auch nicht voneinander lösen. Dieses große Thema, das aus einem Ingmar-Bergman-Film stammen könnte, erzählt die litauische Regisseurin Marija Kavtaradze in ihrem anrührenden Liebes-Melodram SLOW, das 2023 auch beim Filmfest Hamburg und den Nordischen Filmtagen in Lübeck zu bewundern war. Jetzt kommt dieses ungewöhnliche Werk aus dem Baltikum in unsere Kinos. SLOW gewann übrigens beim Sundance Film Festival 2023 den Regiepreis!
Bei einem Kursus für gehörlose Jugendliche lernt die Tanzlehrerin Elena (Greta Grinevičiūtė) den Gebärdendolmetscher Dovydas (Kęstutis Cicėnas) kennen. Vom ersten Moment an fühlen sich die beiden zueinander hingezogen. Sie verbringen viel Zeit miteinander und tauschen Erinnerungen an ihre Jugend aus. Allmählich erhält ihre Freundschaft romantische Züge. Doch irgendetwas stimmt mit Dovydas nicht. Vor dem ersten Sex muss er Elena das niederschmetternde Geständnis machen: „Ich bin asexuell – ich kann für keine Person sexuelle Gefühle entwickeln.“ Der Schock sitzt tief!
Wie findet dieses sympathische Paar trotz aller Widerstände am Ende zueinander? Elena lebt ihr Sexualleben offen aus – ständig hat sie neue Liebhaber. Und Dovydas scheint dies zu akzeptieren. Eines Nachts wagt Elena alles und will ihren Freund mit einem Blowjob verführen. Doch das Ergebnis ist eher ernüchternd. In einer anderen Nacht dringt Dovydas verzweifelt in Elena ein – während auf der Couch nebenan ihr Lover laut schnarchend seinen Rausch ausschläft. Was für eine Szene!
Alle diese Beziehungsversuche werden in den immer wieder eingeschobenen Tanzszenen hinterfragt und paraphrasiert. So bilden die Tanzsequenzen ständig eine zweite Interpretationsebene. Das ist zu Anfang zugegeben etwas gewöhnungsbedürftig – doch man begreift allmählich diese schlüssige Idee. Am Schluss versöhnt uns die Regisseurin mit einem offenen Ende…
SLOW ist erst der zweite Spielfilm von Marija Kavtaradze. Und wie jede Anfängerin oder Anfänger will sie hier einfach zu viel. Sie, die auch das Drehbuch schrieb, verzettelt sich in unnötigen Nebenhandlungen. Manche der Disco- und Barszenen sind entbehrlich – und das Paar reist gleich zweimal an die Ostsee. Weniger ist „meer“! Trotz allem: ein überzeugender Film aus einem der unbekanntesten Filmländer Europas!
Slow (Litauen / Spanien / Schweder 2023)
108 Minuten
Drama
Marija Kavtaradze
Marija Kavtaradze
Greta Grinevičiūtė, Kęstutis Cicėnas
Salzgeber & Co. Medien GmbH