September 5 – The Day the Terror Went Live

09.01.2025

Am 5. September 1972 nahmen palästinensische Terroristen während der Olympischen Spiele in München elf israelische Sportler als Geiseln. Regisseur Tim Fehlbaum erzählt die Geschichte in SEPTEMBER 5 jetzt aus der Perspektive der Sportberichterstatter vom US-TV-Sender ABC.

Am 5. September 1972 befinden sich die Olympischen Spiele in München bereits am zehnten Wettkampftag. Es sollten „heitere Spiele“ werden und der Welt ein neues, liberales Deutschland zeigen. Doch um 4:40 Uhr hören die Mitarbeiter des US-amerikanischen Senders ABC Schüsse aus dem nahegelegenen Olympischen Dorf. Eine Gruppe palästinensischer Terroristen hat elf Mitglieder der israelischen Mannschaft als Geiseln genommen. Gegen den Widerstand der eigenen Nachrichtenabteilung berichtet das ABC-Sports-Team unter der Leitung von Geoff Mason (John Magaro), einem jungen, ehrgeizigen Producer, der sich bei seinem Chef, dem legendären Roone Arledge (Peter Sarsgaard), beweisen will, live über die 21-stündige Geiselnahme. Während die Zeit drängt, widersprüchliche Gerüchte die Runde machen und das Leben der Geiseln auf dem Spiel steht, muss Geoff gemeinsam mit Hilfe der deutschen Dolmetscherin Marianne (Leonie Benesch) schwierige Entscheidungen treffen und sich mit seinem eigenen moralischen Kompass auseinandersetzen. Wie soll man über eine solche Situation berichten, wenn die Täter die mediale Aufmerksamkeit für ihre Zwecke nutzen?

Über die Geiselnahme während der Olympischen Spiele in München hat es bereits diverse Filme gegeben, u.a. „München“ (2005) von Steven Spielberg mit Eric Bana in der Hauptrolle. Doch der Regisseur Tim Fehlbaum, der mit „Hell“ und „Tides“ bereits für Aufmerksamkeit gesorgt hatte, wählt hier einen gänzlich anderen Ansatz. Er erzählt die tragische Geschichte, bei der elf israelische Sportler den Tod fanden, komplett aus der Sicht der Sportreporter, die unvermittelt zu Newsberichterstattern wurden.

Zum ersten Mal in der Geschichte war es technisch möglich, von einer Geiselnahme live zu berichten. 1972 gab es noch keine kleinen Handkameras, sondern lediglich solche, deren Film erst noch entwickelt werden musste. Doch aus ihrem Studio hatten die Redakteure freie Sicht auf das Olympische Dorf und konnten die Szenerie so mit ihren mächtigen Kameras live einfangen.

In Sachen Ausstattung haben sich Fehlbaum und sein Team die größtmögliche Mühe gegeben, vor allem um die Technik möglichst echt aussehen zu lassen. Sie sammelten Originalgeräte aus den Sechziger- und Siebzigerjahren, die sie in den Abstellkammern von Fernsehsendern, Museen und den Sammlungen passionierter Hobbyisten fanden. Auf dem Gelände der Bavaria Filmstudios hat Szenenbildner Julian R. Wagner dann aus Originalbauplänen das Studio der ABC Sports von 1972 reproduziert. Durch diese immensen Anstrengungen wirkt SEPTEMBER 5 – THE DAY THE TERROR WENT LIVE extrem realistisch. Vermutlich wird man selbst bei einer ausführlichen Analyse keiner Gerätschaften finden, die es 1972 noch nicht gab.

Auch wenn die Ereignisse bereits mehr als 50 Jahre zurückliegen, gelingt es Fehlbaum, eine gewisse Aktualität zu schaffen. Die Welt der Berichterstattung hat sich an diesem Tag für immer verändert. Das war auch den ABC-Mitarbeitern klar. Denn was Millionen Menschen auf der ganzen Welt sehen können, dürfte auch den Geiselnehmern nicht entgangen sein. Da steht die Frage, wie weit man gehen darf, wie viel man zeigen darf, immer an vorderster Stelle. Doch allzu viel Gedanken konnte man sich zum dem Zeitpunkt nicht machen. „Dafür gab es schlichtweg keine Zeit“, erinnert sich Geoff Mason, der damals als 28-jähriger Coordinating Producer für den amerikanischen Fernsehsender ABC Sports in München vor Ort war.

Auf Mason stieß das Filmteam im Zuge der Recherchen. Er erzählte ihnen lebhaft und detailliert über diese 21 Stunden. Das Gespräch mit Mason brachte Fehlbaum dann auch zum Umdenken, denn ursprünglich war ein Film geplant, der aus allen Persepktiven von diesem schicksalhaften Tag erzählt: Die Opfer. Die Täter. Die Polizei. Die Politik. Und: Die Medien. Bereits nach dem ersten Gespräch mit Mason fiel dann schnell die Entscheidung, die Geschichte ausschließlich aus dem Blickwinkel der Berichterstattung zu erzählen.

Die Verdichtung der Erzählung ist Fehlbaum mehr als gelungen und mit gerade einmal 91 Minuten Laufzeit läuft der Regisseur auch gar nicht Gefahr, sich in zu viel Details zu verlieren. Hinzu kommt die eindrucksvolle Kameraarbeit von Markus Förderer, der die klaustrophobische Stimmung im engen Studio mustergültig einfängt. So ist SEPTEMBER 5 – THE DAY THE TERROR WENT LIVE nicht nur ein bedeutendes Stück Zeitgeschichte, sondern zugleich ein spannender Film, der tief beeindruckt. Chapeau! Und wer es sich zutraut, sollte sich den Film unbedingt in der englischen Originalfassung ansehen, dadurch wirkt die grandiose Leistung von Leonie Benesch noch authentischer.

Trailer

ab12

Originaltitel

September 5 (Deutschland 2024)

Länge

91 Minuten

Genre

Drama

Regie

Tim Fehlbaum

Drehbuch

Moritz Binder, Tim Fehlbaum, Alex David (Co-Autor)

Kamera / Director of Photography (DOP)

Markus Förderer

Darsteller

Peter Sarsgaard, John Magaro, Ben Chaplin, Leonie Benesch, Zinedine Soualem, Georgina Rich, Corey Johnson, Marcus Rutherford, Daniel Adeosun, Benjamin Walker, Ferdinand Dörfler, Rony Herman, Jeff Book

Verleih

Constantin Film Verleih GmbH

Filmwebsite

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