Den deutschen Regisseur Robert Schwentke zog es nach seinem Debütfilm „Eierdiebe“ (2003) sehr schnell nach Hollywood. Schon 2005 hatte er mit „Flightplan – Ohne jede Spur“ mit Jodie Foster in der Hauptrolle einen ersten Achtungserfolg. Nach seinem deutschen Zwischenspiel mit „Der Hauptmann“ (2017) hat er jetzt SENECA in Marokko gedreht – komplett auf Englisch und mit John Malkovich in der Hauptrolle.
Eine theatralische Handlung in antiken Ruinen spielen zu lassen – diese Idee hatte schon der Avantgardefilmer Jean-Marie Straub vor Jahrzehnten. So war jetzt der eine oder andere Filmfan überrascht, dass Robert Schwentke diesen Ansatz aufgriff. SENECA hat mit Hollywood nämlich nichts zu tun – der Film ist reinstes europäisches Kunstkino.
Der römische Dichter und Philosoph Lucius Annaeus Seneca (John Malkovich) wurde um das Jahr 1 geboren und starb im Jahr 65 unserer Zeitrechnung. Er war der Ziehvater und Berater des späteren Kaisers Nero. Als dieser – inzwischen tyrannischer Herrscher des römischen Reichs – seinem ehemaligen Lehrer vorwarf, an einem gescheiterten Anschlag auf sein Leben beteiligt gewesen zu sein, zwang er ihn, Selbstmord zu begehen.
So erleben wir Seneca zu Beginn des Films, wie er bei einer rauschenden Feier auf seinem Landsitz in der Wüste den Befehl zur Selbsttötung erhält. Er hat Zeit bis zum nächsten Morgen. Seneca akzeptiert notgedrungen das Urteil. Doch: Mit seiner jungen Ehefrau Paulina (Lilith Stangenberg) und engen Freunden (Geraldine Chaplin, Julian Sands, Louis Hofmann, Samuel Finzi, Alexander Fehling) will er seine letzte Nacht groß feiern und seinem Tod theatralisch inszenieren. Aber das Sterben ist nicht so einfach…
John Malkovich nutzt den Set in Marokko wie eine Bühne – hier ist alles ganz bewusst eine Nummer zu groß. Der Schauspieler war schon immer ein Mann der ausladenden Gesten, und hier bremst ihn niemand. Das muss man mögen! Seneca zitiert sein griechisches Vorbild Sokrates, der auf Befehl von oben den Schierlingsbecher trank. Seneca hat vor, sich am frühen Morgen die Arme aufzuschlitzen – doch das Blut will einfach nicht fließen. So wird das stundenlange Sterben zur Tortur.
SENECA ist die One-Man-Show eines großen Schauspielers. Nicht unbedingt das, was man vom modernen Kino erwartet. Wer’s mag!
Seneca – On the Creation of Earthquakes (Deutschland / Marokko 2023)
112 Minuten
Komödie / Drama / Historie
Robert Schwentke
Robert Schwentke, Matthew Wilder
John Malkovich, Tom Xander, Geraldine Chaplin, Louis Hofmann, Lilith Stangenberg, Samuel Finzi, Mary-Louise Parker, Andrew Koji, Julian Sands, Alexander Fehling, Wolfram Koch, Annika Meier, Samia Chancrin
Weltkino Filmverleih GmbH