Der türkische Filmtitel SAF ist mehrdeutig: er kann „rein“, „naiv“, aber auch „verrückt“ bedeuten. All das vereint die Tragödie SAF von Ali Vatansever: Gentrifizierung in Istanbul, Fremdenhass, Armut, Prostitution – es ist alles dabei. Der Regisseur zeigt uns die Türkei von unten, mit all ihren negativen Auswüchsen.
Remziye (Saadet Isil Aksoy) arbeitet als Babysitterin und Reinigungskraft bei einer reichen Türkin. Erst allmählich wird klar: Die Frau betreibt ein Privatbordell und hält eine rumänische Prostituierte unter Verschluss. Remziyes Mann Kamil (Erol Afsin) übernimmt jeden Job, den er kriegen kann, ohne viel zu fragen. Diesmal ist es der eines Baggerfahrers auf einer Großbaustelle in Istanbul. Er weiß, dass er einem Exil-Syrer seinen Job wegnimmt und dass er für seine Arbeit einen Bagger-Führerschein benötigt. Doch niemand will ihm das Geld für die Lizenz vorstrecken.
SAF beschreibt eindringlich und mit großen Momenten, wie Remziye und Kamil in diesem Teufelskreis gefangen sind. Es gibt kein Entkommen! Als Kamil den syrischen Flüchtling (eine überraschende Gastrolle für Kida Khodr Ramadan), der ihm das Leben schwer macht, zur Rede stellen will, geschieht ein Unglück – und Kamil bleibt verschwunden. Remziye muss sich damit abfinden, dass ihr Mann wohl nicht zurückkommt. Immerhin rafft sie sich am Ende dazu auf, die Rumänin zu retten. Eine tolle emotionale Geste!
Diese Art Kino ist nicht jedermanns Sache. Es gibt eben nicht nur den „Mainstream“-Film, sondern auch das Leben an Rande der Gesellschaft. Mit präzisen Breitwand-Bildern, intensiven Schauspielern und einer schlüssigen Dramaturgie zeigt uns Ali Vatansever eine Welt, die es leider immer noch gibt. Wir dürfen dankbar sein, dass SAF – obwohl schon 2018 gedreht – doch noch den Weg in unsere Kinos gefunden hat.
Saf (Deutschland / Türkei / Rumänien 2019)
102 Minuten
Drama
Ali Vatansever
Ali Vatansever
Erol Afsin, Saadet Aksoy, Kida Khodr Ramadan, Harry Flöter, Jörg Siepmann
Real Fiction Filmverleih e.K.