Mit einer Mischung aus Kunstmarkt-Satire und Kritik am US-Einwanderungssystem legt Multitalent Julio Torres sein Spielfilmdebüt vor. Das Highlight aber ist Tilda Swinton, die einmal wieder ihre gesamte Weirdness ausleben darf…
Der junge Alejandro (Julio Torres, der auch das Drehbuch geschrieben und Regie geführt hat) ist ein liebenswerter Zeitgenosse. Vielleicht ein wenig schüchtern und zurückhaltend, aber das dürfte daran liegen, dass seine Mutter ihn in El Salvador in einer verspielten Fantasiewelt der unbegrenzten Möglichkeiten aufgezogen hat. Kein Wunder, dass er sich im Moloch New York überfordert fühlt. Dabei möchte er doch nur mit seinen kreativen Ideen als Spielzeugdesigner arbeiten. Leichter gesagt als getan, und so findet er sich doch nur in einem Hilfsjob wieder, in dem er lediglich den Einfrierprozess des krebskranken Malers Bobby (RZA) überwachen soll. Doch ein winziger Fehler führt dazu, dass er seinen Job verliert. Problem: Findet er nicht schnellstmöglich eine neue Anstellung, droht ihm die Abschiebung in seine Heimat.
Da kommt ihm Bobbys exzentrische Frau Elizabeth (Tilda Swinton) doch wie gelegen. Sie bietet ihm einen Assistenzposten an und verspricht im Gegenzug, ihn bei der Einwanderungsbehörde zu unterstützen. Verzweifelt klammert sich Alejandro an diesen letzten Strohhalm, um seine Träume doch noch zu verwirklichen. Doch die skurrile Elizabeth zerrt ihn mit ihrer unvergleichlichen Art immer tiefer in den Kaninchenbau der US-Metropole…
Tilda Swinton ist immer dann am besten, wenn sie sich ganz in einer Rolle verlieren kann – so auch hier in PROBLEMISTA als chaotisch-cholerische Kunstkritikerin, der es absolut niemand recht machen kann. Man merkt, dass Swinton beim Dreh einen Heidenspaß hatte, aber zum Glück findet Julio Torres in Rückblenden auch ein paar harmonische Momente mit Swinton und ihrem krebskranken Künstler-Mann Bobby, gespielt von Wu-Tang-Clan-Rapper RZA. Ansonsten hätte die nervige Art ihrer Figur auch böse nach hinten losgehen können.
Beachtlich an PROBLEMISTA ist, dass es sich hier um das Spielfilmdebüt von Julio Torres handelt, der sich bislang als Autor bei „Saturday Night Live“ einen Namen gemacht hat und als Schöpfer und Hauptdarsteller der HBO-Serie „Los Espookys“ bekannt wurde. Doch davor war er lediglich ein Uni-Absolvent, der unbedingt Filme und Serien schreiben wollte. Ohne irgendeine Ahnung, wie er das bewerkstelligen konnte, probierte er sich erst einmal als Stand-Up-Comedian – während sein Visum gnadenlos ablief. PROBLEMISTA ist also gewissermaßen auch autobiographisch gefärbt, denn auch der 1987 geborene Torres kommt ursprünglich aus El Salvador.
PROBLEMISTA kämpft mit den üblichen Problemen eines Erstlingswerks, bei dem der Macher gleichzeitig für Drehbuch, Regie und Hauptrolle verantwortlich ist. Nicht alle Gags zünden, und stellenweise wirkt der Film wie ein Sammelsurium an Einzel-Gags. Aber man merkt, dass Torres das Herz am rechten Fleck trägt, und so sieht man als Zuschauer wohlwollend darüber hinweg. Schließlich hat der Film genügend verdammt skurrile Momente – und natürlich eine überragende Tilda Swinton, mit der Torres‘ eher zurückhaltende, schüchterne Figur eine perfekte Symbiose bildet.
Wer abgefahrene Filme liebt, wer Tilda Swinton mal wieder über die Stränge schlagend erleben will, für den ist PROBLEMISTA genau der richtige Film. Aber alle anderen dürften sich ebenfalls köstlich amüsieren.
Problemista (USA 2023)
105 Minuten
Komödie
Julio Torres
Julio Torres
Julio Torres, Tilda Swinton, RZA, Isabella Rossellini, Catalina Saavedra. James Scully, Laith Nakli, Spike Einbinder, Logan J. Alarcon-Poucel, Greta Lee, Larry Owens, Glo Tavarez, Kelly McCormack, Eudora Peterson, Ronald Peet
Universal Pictures International Germany GmbH