Pleasure

13.01.2022

Wie dreht man einen Film über die Abgründe des Pornobusiness, ohne voyeuristisch oder gar selbst zum Porno zu werden? Nun, der schwedischen Regisseurin Ninja Thyberg ist mit PLEASURE genau dieser Spagat gelungen. Entstanden ist ein eindrucksvoller Film, der noch lange nachhallt. 

Linnéa (Sofia Kappel) ist 19 und zieht aus ihrer schwedischen Kleinstadt nach Los Angeles, um dort als „Bella Cherry“ der nächste große Pornostar zu werden. Doch das gestaltet sich nicht so einfach und spaßvoll, wie gedacht. Im Gegenteil: Das Business ist gnadenlos, und wer nicht gnadenlos all das macht, was von einem verlangt wird, hat keine Chance. Sie erhält zwar schnell erste Aufträge, aber bald ist ihr klar, dass sie mit Schmerz und Erniedrigung klar kommen muss, wenn sie es zu etwas bringen will. Doch wie weit ist sie wirklich bereit zu gehen, um ihr Ziel zu erreichen?

Dass die Pornoindustrie knallhart ist, hat sicherlich jeder einmal gehört. Einen wirklichen Blick hinter die Kulissen ist aber vermutlich noch niemandem so gut gelungen wie Thyberg. Dabei handelt es sich bei PLEASURE aber um keine Dokumentation, sondern um ein Drama. Thyberg besetzte die Rollen dabei komplett mit echten Pornodarstellern – ausgenommen davon ist die Hauptfigur „Bella Cherry“. Dass Sofia Kappel überhaupt keine Schauspielerfahrung mitbringt, ist dabei umso erstaunlicher. Genauso wie der Umstand, wie sie überhaupt zu diesem Film gekommen ist. Kappel befand sich seinerzeit in Therapie, und ihre Therapeutin hatte ihr die Aufgabe gegeben, einmal etwas zu tun, was sie sich normalerweise nicht trauen würde. Also ging sie zum Casting, wo sie alle anderen Mitbewerberinnen ausstach. Den Grund sehen wir jetzt auf der Leinwand, denn ihre Darstellung des unschuldigen jungen Mädchens, dass es unbedingt in der Pornobranche zu etwas bringen will, ist mehr als eindrucksvoll.

Wer jetzt jedoch mit voyeuristischen Gedanken ins Kino geht, dürfte enttäuscht werden, denn Thyberg gelingt es nahezu perfekt, sich im Pornogenre zu bewegen, ohne selbst pornografisch zu werden. Das verdient die volle Hochachtung. Zwar gibt es hier und dort mal den einen oder anderen erigierten Penis zu sehen, aber das war es dann auch. Alles andere findet im Kopf des Zuschauers statt.

Dafür erhalten wir als Zuschauer aber endlich einmal einen Eindruck, wie sehr diese Branche immer noch eine testosterongesteuerte Massenabfertigung ist, in der es vielen Männern immer noch immens wichtig zu sein scheint, ihre Frauen auf jede erdenkliche Art und Weise zu demütigen. Doch Thyberg verteufelt die Branche nicht, sie urteilt nicht. Aber sie macht hoffentlich vielen jungen Mädchen deutlich, dass hier nicht alles so toll ist, wie sie es sich in den meisten Fällen vorstellen. Und wenn das auch nur bei einer Zuschauerin oder einem Zuschauer eine Wirkung zeigt, dann ist PLEASURE ein großer Wurf gelungen.

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
FSK noch unbekannt

Originaltitel

Pleasure (Schweden / Niederlande / Frankreich 2021)

Länge

109 Minuten

Genre

Drama

Regie

Ninja Thyberg

Drehbuch

Ninja Thyberg, Peter Modestij

Darsteller

Sofia Kappel, Evelyn Claire, Dana DeArmond, Revika Anne Reustle, Chris Cock

Verleih

Weltkino Filmverleih GmbH

Filmwebsite

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