Next Goal Wins

04.01.2024

Am 11. April 2001 wurde im australischen Coffs Harbour Geschichte geschrieben. Mit einem 31:0-Sieg stellte Australien den Weltrekord für den höchsten Sieg in einem Fußballnationalspiel auf. Ihr Gegner hingegen, die Mannschaft von Amerikanisch-Samoa, machte sich damit zum Gespött der Fußballwelt. Daraus macht Regisseur Taika Waititi jetzt eine äußerst amüsante Komödie – und begeistert mit NEXT GOAL WINS sogar Fußballmuffel wie mich…

Zweifelsohne ist die Fußballelf von Amerikanisch-Samoa die hoffnungsloseste Mannschaft der Welt. Doch ihr Trainer Tavita (Oscar Kightley) glaubt immer noch einen verrückten Haufen und plant Großes: Bei einem bevorstehenden WM-Qualifikationsspiel soll sein Team wenigstens ein einziges Tor schießen. Das klingt machbar, entpuppt sich aber als gar nicht so einfach. Schließlich hat er es zwar mit einer sympathischen und gut gelaunten Truppe zu tun – allerdings ist sie auch vollkommen undiszipliniert und chaotisch. Was hier fehlt, ist ein neuer Trainer, der den Schuppen einmal kräftig aufräumt. Ein solcher ist der Star-Trainer Thomas Rongen (Michael Fassbender), der sich gerade am Tiefpunkt seiner Karriere befindet. Ohne wirkliche Alternativen nimmt er das Jobangebot an und fliegt ans andere Ende der Welt. Gerade angekommen, bereut er seine Entscheidung bereits massiv, denn bei diesem Team verschlägt es ihm gehörig die Sprache. So unterschiedlich Tavita und Rongen auch sein mögen – sie müssen sich irgendwie zusammenraufen, damit aus dem eigenwilligen Haufen doch noch ein Team wird. Und so wachsen sie über sich hinaus, um das Unmögliche möglich zu machen…

Ich hatte noch nie etwas für Fußball übrig, nicht im Geringsten. Aber wenn Taika Waititi einen Film dreht, dann springt man über seinen Schatten. Und siehe da: Ich hatte einen Heidenspaß! Allerdings muss man den kruden und eigenwilligen Humor des Neuseeländers mögen, um hier Gefallen zu finden. Wer schon „5 Zimmer, Küche, Sarg“ oder „Jojo Rabbit“ nicht mochte, wird mit NEXT GOAL WINS vermutlich ebenfalls nicht warm werden.

Auch in diesem Film übertreibt es Waititi hier und da ein wenig. Ob die mega-alberne Eingangssequenz sein muss, in der Waititi selbst als verrückter Priester zu sehen ist, sei mal dahingestellt. Allerdings wird das mehr als ausgeglichen durch seine restliche Figurenzeichnung. Wie er den tumben Haufen zu einem echten Team macht, ist mehr als sehenswert. Das Besondere daran ist aber, dass er sich niemals auf Kosten seiner Figuren amüsiert, sondern immer MIT ihnen lacht. Ein verdammt sympathischer Schachzug, der leider in der heutigen Filmwelt immer seltener Anklang findet.

Besonders eine Figur rückt Waititi dabei emotional in den Vordergrund: Jaiyah Saelua (Kaimana) liefert sich ein beeindruckendes Kräftemessen mit dem aufbrausenden Coach – das ist der personifizierte Teamgeist. Jaiyah ist Fa’afafine, was in der amerikanisch-samoanischen Kultur Menschen mit fließenden Geschlechtern sind, die sich zwischen männlichen und weiblichen Welten bewegen und zwei Geister in einer Person zeigen, die nebeneinander existieren. „Es ist ein heiliger Teil ihrer Kultur, es wird einfach akzeptiert“, erklärt Waititi. Und so setzt der Film ihre Figur ohne großes Aufheben eine Art Denkmal, denn die echte Jaiyah war die erste transsexuellen Fußballspielerin der Welt in einem Qualifikationsspiel zur FIFA-Weltmeisterschaft.

NEXT GOAL WINS hat das Herz am rechten Fleck und kann mit seiner positiven Botschaft vollends überzeugen – selbst dann, wenn man mit dem Ballsport ansonsten nichts am Hut hat. Klar, hier und dort hätte Waititi sich vielleicht humortechnisch ein wenig zurückhalten können, aber letztendlich weiß man, worauf man sich bei einem Film des Neuseeländers einlässt. Und Kaimana fügt noch hinzu: „Humor ist der direkteste Weg, die Mauern der Menschen einzureißen. Wenn man anfängt zu lachen, verschwinden die Mauern, eine Tür für eine Verbindung wird geöffnet. Das lockert vieles auf.“ Und Oscar Kightley ergänzt: „In unserer Kultur bedeutet es, dass man jemand wirklich mag, wenn man sich über ihn lustig macht.“ Insofern sollte der Tenor lauten: Alles richtig gemacht.

Trailer

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Originaltitel

Next Goal Wins (USA 2023)

Länge

105 Minuten

Genre

Drama / Komödie

Regie

Taika Waititi

Drehbuch

Taika Waititi, Iain Morris

Darsteller

Michael Fassbender, Elisabeth Moss, Oscar Kightley, David Fane, Beulah Koale, Lehi Falepapalangi, Semu Filipo, Uli Latukefu, Rachel House, Kaimana

Verleih

Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH

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