1826: Der englische Maler William Turner (Timothy Spall) ist ein ebenso renommiertes wie exzentrisches Mitglied der Royal Academy. Er lebt mit seinem Vater William (Paul Jesson), den er innig liebt, und seiner Haushälterin Hannah Danby (Dorothy Atkinson) in London. Hannah verehrt den genialen Maler, der jedoch stillt an ihr nur sein sexuelles Verlangen. Denn Turner ist ein Egomane, ein wortkarger Einzelgänger – und doch zugleich ein Mann von enormer Sensibilität.
Das Künstlergenie hat sich keiner Autorität, sondern der Vielfalt des Lebens verschrieben: Er genießt die Gastfreundschaft des Landadels oder besucht Bordelle, um junge Prostituierte zu zeichnen. Er ist stetig auf Reisen und lässt nichts aus, um dem Phänomen der Wahrnehmung auf die Spur zu kommen. Er lässt sich sogar inmitten eines eisigen Schneesturms an einen Schiffsmast binden, um das Unwetter so authentisch wie nur möglich malen zu können.
Turner ist fasziniert von den Errungenschaften der Industrialisierung wie der Fotografie und der Eisenbahn. Aber ganz besonders in den Bann schlagen ihn die Spielarten des Lichts, weshalb es ihn immer wieder in die Küstenstadt Margate zieht. Dort steigt er unter falschem Namen bei Sophia Booth (Marion Bailey) ab, mit der er heimlich eine innige und zärtliche Liebesbeziehung beginnt.
Mehr und mehr scheiden sich an dem ruhelosen und anarchischen Künstler die Geister: Leidenschaftlich verteidigt ihn Kunstkritiker John Ruskin (Joshua McGuire) gegen kritische Stimmen, die Turners zunehmend abstrakter werdende Bilder als Klecksereien verspotten. Als ihm ein Millionär 100.000 Pfund für sein Gesamtwerk bietet, schlägt Turner das Angebot aus.
Ungebrochen radikal bleibt Turner bis ins hohe Alter. Künstlerisch wie privat. Denn Haushälterin Hannah erfährt erst spät von Turners anderem Leben, das er an der Seite von Mrs. Booth führt.
Intensiver könnte das Portrait dieses einmaligen Künstlers kaum sein, als dieser Film. Timothy Spall spielt den exzentrischen und nicht gerade einfachen Maler William Turner mit solcher Inbrunst (und einem unnachahmlichen Grunzen), dass man sich schwerlich einen anderen Darsteller in der Rolle vorstellen kann. Dabei vergeht der Film trotz seiner Laufzeit von 150 Minuten beinahe wie im Fluge, so interessant ist die Geschichte. Regisseur Mike Leigh beschränkt sich konsequent auf die letzten 20 Jahre im Leben des Künstlers und arbeitet dabei alle wesentlichen Punkte seiner Biographie ab – ohne dabei jedoch gehetzt oder gequält zu wirken. Im Gegenteil: Selten war ein biographischer Film so mitreissend tiefgründig, wie MR. TURNER – MEISTER DES LICHTS.
Mr. Turner (Großbritannien 2014)
150 Minuten
Drama / Biographie
Mike Leigh
Mike Leigh
Timothy Spall, Paul Jesson, Marion Bailey, Dorothy Atkinson, Ruth Sheen, Patrick Godfrey, Leo Bill
Prokino Filmverleih GmbH