Im Vorfeld war zu erfahren, dass das brasilianische Melodram MOTEL DESTINO von Karim Aïnouz nichts anderes ist als „noch“ eine Verfilmung des populären US-Kriminalromans „The Postman Always Rings Twice“ (dt. „Wenn der Postmann zweimal klingelt“) von James M. Cain aus dem Jahr 1934. Immerhin gibt es schon die berühmten Versionen von Luchino Visconti („Ossessione“, 1943), Tay Garnett (1946, mit Lana Turner) und Bob Rafelson (1981, mit Jack Nicholson). Doch in diesem Fall sind die Bezugspunkte nur angedeutet: MOTEL DESTINO driftet schon bald in eine ganz andere Richtung ab. Und das ist auch gut so!
Der Film spielt in einem abgelegenen Stundenhotel mit dem symbolträchtigen Namen „Motel Destino“ – irgendwo an der Nordküste Brasiliens. Nach einem missglückten Banküberfall muss sich der junge Kleinganove Heraldo (Iago Xavier) vor der Polizei und seinen Komplizen hier verstecken. Das Stundenhotel, das Tag und Nacht in grellen Neonfarben erstrahlt, wird von dem undurchsichtigen Elias (Fabio Assunçao) und seiner sehr viel jüngeren Frau Dayana (Nataly Rocha) betrieben.
Das Ehepaar erkennt sofort die Notlage des jungen Mannes und nutzt ihn schamlos als schlecht bezahlte Arbeitskraft aus. Der naive, unerfahrene Heraldo muss lernen, wie man die Laken wechselt und die ekligen Spermaspuren auf den Plastiküberzügen entfernt. Doch dabei verfällt er der Schönheit der heißblütigen Dayana, die ihn hemmungslos verführt. Und der ahnungslose Elias akzeptiert den Nebenbuhler als netten Kumpel. Als dann aber Heraldos ehemalige Komplizen im Hotel auftauchen, fühlt sich der junge Mann hier nicht mehr sicher – trotz der vermeintlichen jungen Liebe…
Regisseur Karim Aïnouz und seine kongeniale Kamerafrau Hélène Louvart haben ihr faszinierendes Melodram als eine wilde Sinfonie aus Neonfarben, Schweiß, Sex und großen Gefühlen inszeniert. Halbnackte Körper, klebrige Zimmer, der ständig blaue Himmel, die Weite des Atlantiks – in MOTEL DESTINO spürt man in jeder Sekunde die Hitze Brasiliens. In seiner grellen Farbpalette erinnert das Film dabei stark an „The Neon Demon“ (2018) von Nicolas Winding Refn – auch ein Beispiel des extremen Kinos.
Diese tiefsinnige Reflexion über den allgegenwärtigen Machismo, über das Begehren und Berühren ist eine visuelle Achterbahnfahrt – als eine Symbiose aus tropischer Sonne, überschüssigen Hormonen und filmischem „Neo Noir“. Ein Glückstreffer!
Motel Destino (Brasilien / Frankreich / Deutschland 2024)
115 Minuten
Drama / Thriller
Karim Aïnouz
Wislan Esmeraldo, Karim Aïnouz, Mauricio Zacharias
Hélène Louvart
Renan Capivara, Fabíola Líper, Isabela Catão, Yuri Yamamoto, Davi Santos, Jupyra Carvalho, Bertrand de Courville, Katiana Monteiro, Vanessa Cardoso, Jan Moreira, Edglê Lima Moreira
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