Ein langes, erfolgreiches Künstlerleben mit mehr Höhen als Tiefen – nicht unbedingt die beste Voraussetzung für ein gelungenes Biopic. Doch die beiden Regisseure Mehdi Idir und Grand Corps Malade umschiffen in MONSIEUR AZNAVOUR alle möglichen Gefahren. Ihre Filmbiografie über den französischen Chansonnier ist grundsolide – nicht gerade spektakulär, aber zu Herzen gehend. Denn der Film lebt von den unsterblichen Liedern Charles Aznavours.
Gleich mit zwei Handicaps mussten Mehdi Idir und Grand Corps Malade schon vor Drehbeginn klar kommen: Hauptdarsteller Tahar Rahim sieht dem Sänger kaum ähnlich – und Charles Aznavour (1924-2018) war nur 1,61 m groß. Anders als Joaquin Phoenix als Johnny Cash oder Timothée Chalamet als Bob Dylan kam aber Tahar Rahim nie in Versuchung, die Chansons selbst zu singen. Die bekannte Reibeisenstimme des Chansonniers ist einfach zu unverwechselbar. So ist jeder Gesangston im Film Aznavour pur!
Charles Aznavour wurde als Shahnourh Vaghinag Aznavourian in Paris als Sohn armenischer Einwanderer geboren. Schon als Kind trat er im Lokal seines Vaters als Sänger auf. 1946 wurde er von Edith Piaf (Marie-Julie Baup) entdeckt, die ihn mit auf eine Tournee durch Frankreich und in die USA nahm. Danach strandete er im kanadischen Montreal, wo er mit Pierre Roche (Bastien Bouillon) ein erfolgreiches Gesangsduo bildete. Doch die Freundschaft zerbrach: Pierre blieb in Kanada, Charles machte in Frankreich Karriere.
Von nun an bestimmten Frauen und Alkohol Aznavours Leben. Er war dreimal verheiratet und hatte sechs Kinder. Die beiden Regisseure scheuen sich nicht, auch die dunkle Seite des Sängers zu zeigen. Und dann entdeckt ihn der Film. In einer kurzen Szene sehen wir Aznavour bei den Dreharbeiten zu François Truffauts Nouvelle-Vague-Klassiker „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960) – seine bedeutendste Hauptrolle. Auch der Song „She“ erklingt später – bekanntlich die Eröffnungsmusik von „Notting Hill“!
Wie bei einer Strichliste lassen Mehdi Idir und Grand Corps Malade nichts aus: Aznavours Engagement für die Rechte und gegen die Unterdrückung des armenischen Volkes, sein prunkvoller Lebensstil – die Präsentation seiner Villa an der Côte d’Azur ist im Stil von Paolo Sorrentino inszeniert – und der tragische, frühe Tod seines Sohnes Patrick.
Charles war noch in die Vorbereitungen von MONSIEUR AZNAVOUR involviert. Er hätte sich gewünscht, dass das Biopic auf der Höhe seines Ruhmes endet. Doch die Regisseure entschieden anders: Nach 135 Minuten beschließt Aznavours Tod – im Alter von 94 Jahren – den Film.
Ein Fest für alle Charles-Aznavour-Fans!
Monsieur Aznavour (Frankreich 2024)
135 Minuten
Biographie / Drama / Musik
Mehdi Idir, Grand Corps Malade
Mehdi Idir, Grand Corps Malade
Brecht Goyvaerts
Tahar Rahim, Bastien Bouillon, Marie-Julie Baup, Camille Moutawakil, Hovnatan Avedikian, Luc Antoni, Ella Pellegrini
Weltkino Filmverleih GmbH