Die in Nazareth geborene palästinensische Regisseurin Maha Haj wollte in ihrem zweiten Spielfilm einfach zu viel. Das mit deutschem und französischem Geld gedrehte Drama MEDITERRANEAN FEVER vereint Elemente einer psychologischen Studie über eine Depression und einer Männerfreundschaft mit einer Thriller-Farce und einer Literatur-Satire. Das will nicht immer zusammenpassen.
Der Hausmann Waleed (Amer Hlehel) hat eigentlich ein erfülltes Leben: Er lebt in einem hauptsächlich von Palästinensern bewohnten Viertel im israelischen Haifa – von seinem Balkon aus hat er einen Traumblick aufs Mittelmeer. Seine Frau Ola (Anat Hadid) bringt als Krankenschwester das Geld nach Hause, die beiden Kinder sind wohlgeraten, und Waleed versucht sich an seinem ersten Roman. So sitzt er täglich an seinem Laptop – doch ihm fällt nichts ein. Was soll er denn auch erzählen, er erlebt doch nichts. Außerdem wird er seit zwei Jahren von schweren Depressionen geplagt, aber nicht einmal seine Psychotherapeutin kann ihm helfen.
Als sein neuer Nachbar Jalal (Ashraf Farah) nebenan einzieht, ist es mit der Ruhe vorbei. Laute Musik und das ständige Bellen zweier Hunde rauben Waleed den letzten Nerv. Als er sich beschweren will, lädt ihn Jalal erst einmal zum Tee ein. Langsam kommen sich die beiden so unterschiedlichen Männer näher, obwohl Waleed – wenn er ehrlich ist – Jalal nicht ausstehen kann. Allmählich kommt er hinter dessen Geheimnis: Der Nachbar ist ein Kleinganove, der brutalen Gangstern viel Geld schuldet, das er nicht hat. So kommt Waleed auf die „geniale“ Idee, Jalal zu bitten, ihm einen Auftragskiller zu vermitteln. Er hat nämlich den gleichen Einfall wie die Hauptfigur (Jean-Pierre Leaud) in Aki Kaurismäkis Geniestreich „I Hired a Contract Killer“: Der Hitman soll ihn selbst umbringen, denn für einen Selbstmord fehlt ihm der Mut.
Die Regisseurin Maha Haj legt viele Fährten aus, doch manche Erzählstränge laufen ins Leere. Als die Ärztin von Waleeds kränkelndem Sohn Shams vorschlägt, diesen auf das titelgebende „Mittelmeerfieber“ zu untersuchen, wird das Geheimnis um diese Erbkrankheit nicht weiter verfolgt. Und Waleeds klaustrophobische Panikattacke in der Autowaschstraße hat nun wirklich nichts mit einer Depression zu tun. Denn gerade für diese Depression findet Maha Haj selten die richtigen Bilder – hier bleibt vieles Behauptung. Am Ende treffen sich Waleed und der mit einem Gewehr bewaffnete Jalal zu einem angeblichen Jagdausflug im nächtlichen Wald…
Im Vorfeld hieß es, in MEDITERRANEAN FEVER gehe es in erster Linie um das Thema Depression – schließlich gewann der Film vor einem Jahr in Cannes einen Preis für das beste Drehbuch. Doch das ist nur ein Aspekt und nicht unbedingt der beste. Schade!
Mediterranean Fever (Deutschland / Palästina / Frankreich / Zypern 2022)
114 Minuten
Komödie / Drama
Maha Haj
Maha Haj
Amer Hlehel, Ashraf Farah, Anat Hadid, Samir Elias, Cynthia Saleem, Shaden Kanboura
Neue Visionen Filmverleih GmbH