Frau kommt auf den Hund! Soweit nichts Neues. Doch die riesige Dänische Dogge Apollo, die Schriftstellerin Iris (Naomi Watts) in LOYAL FRIEND quasi vererbt bekommt, ist schon ein spezieller Fall. Der übergroße, depressive Vierbeiner verhält sich zunächst alles andere als loyal zu seinem neuen Frauchen.
Ihr Mentor Walter (Bill Murray) ist plötzlich tot, er hat sich einfach so das Leben genommen. Die introvertierte Autorin Iris, die auch privat mit ihm liiert war, erbt nicht nur die literarischen Hinterlassenschaften, sondern eben auch Apollo. Sie lebt in New York in einem kleinen Apartment, wo zudem keine Hundehaltung erlaubt ist. Nicht nur, dass Iris bisher mit Hunden nichts am Hut hatte. Nein, da müssen sich jetzt zwei Trauernde auch auf engstem Raum zusammenraufen. Und die riesige Dogge fordert im wahrsten Sinne des Wortes ihren Platz ein – und lässt der Schriftstellerin kaum Luft zum Atmen.
Für die zweifach oscar-nominierte Naomi Watts ist eine Geschichte wie die in LOYAL FRIEND kein Neuland: Schon in „Beflügelt – Ein Vogel namens Penguin Bloom“ durfte sie eine Frau spielen, die über die Beziehung zu einem Tier zu sich selber findet. Hier spielt sie die Autorin nuanciert mit einem guten Gespür für die eher leisen Töne und mit sparsamen humoristischen Zügen. Dogge Bing (so der echte Name) porträtiert Apollo überlebensgroß (aber mit Feingefühl) – und stiehlt allen anderen Nebendarstellern die Show. Gäbe es bei der Oscarverleihung die Kategorie „Bester Hund in einer Tragikomödie“, Bing würde ziemlich sicher die Trophäe mit nach Hause nehmen.
Dem amerikanischen Regie- und Autorenduo Scott McGehee und David Siegel („Das Glück der großen Dinge“, „The Deep End – Trügerische Stille“) diente der Bestseller „Der Freund“ (2018) von Sigrid Nunez als Vorlage. Eine gute Wahl, denn Nunez bewies auch bei „Was fehlt dir“ (2020) viel emotionales Gespür (von Pedro Almodóvar als „The Room Next Door“ adaptiert). McGehee / Siegel inszenieren zudem gekonnt New York, insbesondere Manhattan, als weiteren Hauptdarsteller in LOYAL FRIEND (Woody Allen lässt grüßen). Und erschaffen nebenbei eine Ode an die Kraft des Schreibens.
Fans von Bill Murray („Lost in Translation“, „Und täglich grüßt das Murmeltier“) kommen nicht wirklich auf ihre Kosten, denn der taucht vor allem (und nur kurz) in tagträumenden Momenten von Iris auf. LOYAL FRIEND konzentriert sich mehr auf Iris und Apollo, die zusammen versuchen, die Trauer zu überwinden. Iris droht zwar die Zwangsräumung ihrer Wohnung, worauf sie der Hausmeister auch immer wieder hinweist, doch Not macht erfinderisch – und Iris versucht mit Hilfe eines Psychologen zu beweisen, dass sie ohne Dogge Apollo nicht leben kann. Mensch und Tier spielen sich so die Bälle zu – und erlangen peu à peu immer mehr Resilienz.
Seit dem auf einer wahren Geschichte beruhenden, US-amerikanischen Familienfilm „Hachiko – Eine wunderbare Freundschaft“ (2009), von Lasse Hallström mit Richard Gere in der Hauptrolle, haben wir keine so realistische wie auch herzergreifende Beziehung zwischen Mensch und Hund mehr auf der Leinwand erlebt. Da ist es auch zu verschmerzen, dass die Nebenfiguren in LOYAL FRIEND nicht wirklich gut ausgearbeitet sind. Das gleicht Bing als Apollo locker mit einer faszinierenden Aura voll von mystischer Qualität aus!
The Friend (USA 2025)
120 Minuten
Komödie / Drama
Scott McGehee, David Siegel
Scott McGehee, David Siegel, nach dem Roman von Sigrid Nunez
Giles Nuttgens
Naomie Watts, Bill Murray, Sarah Pidgeon, Carla Gugino, Constance Wu, Noma Dumezweni, Ann Dowd, Felix Solis, Owen Teague, Josh Pais, Tom McCarthy, Bruce Norris
Universal Pictures International Germany GmbH