Like a Complete Unknown

27.02.2025

Vermutlich jeder kennt mindestens einen Song von Bob Dylan. Warum es trotzdem so lange gedauert hat, ein Biopic über den kauzigen Barden zu drehen, lässt sich nicht so einfach beantworten. Doch Regisseur James Mangold macht mit LIKE A COMPLETE UNKNOWN verdammt vieles richtig…

Zu Beginn der 1960er-Jahre ist die US-Musikbranche geprägt von einer ungebremsten Aufbruchstimmung. Genau in dieser Zeit kommt ein geheimnisvoller 19-jähriger aus Minnesota in die große Stadt New York. Zu dem Zeitpunkt ahnt noch niemand, dass er die Musikgeschichte grundlegend verändern wird. Er schließt Freundschaften und Beziehungen und eckt durch sein kompromissloses Handeln doch immer wieder an. Auf gar keinen Fall will er sich von der Folk-Bewegung vereinnahmen lassen, sondern viel lieber seinen ganz eigenen Weg gehen. Und so trifft er Entscheidungen, die nicht von jedem positiv aufgenommen werden…

James Mangold kennt sich in der Zeit, in der Bob Dylans Aufstieg begann, bestens aus. Vor zwanzig Jahren widmete er sich mit „Walk the Line“ dem Leben von Johnny Cash – der natürlich auch in LIKE A COMPLETE UNKNOWN zu sehen ist, wenn auch nur kurz.

Bob Dylan ist bekannt dafür, ein kauziger Typ zu sein. So kauzig, dass er es noch noch nicht mal für notwendig erachtete, den ihm verliehenen Literatur-Nobelpreis persönlich in Empfang zu nehmen. Wahrscheinlich mag er es auch überhaupt nicht, dass über seine Person ein Film gedreht wurde. Man würde ihm nur wünschen, sich LIKE A COMPLETE UNKNOWN zumindest einmal anzuschauen, denn James Mangold ist hier wirklich ein kleines Meisterwerk gelungen.

Gespielt wird Bob Dylan hier von Timothée Chalamet, der den Film auf der Berlinale in einer Special Gala persönlich präsentierte. Natürlich waren vor allem die jungen Damen entzückt von dem Schauspieler, was die Menschen am roten Teppich eindrucksvoll belegten. Doch Chalamet liefert auch im Film eine reife Leistung ab. Wie er sich in die Rolle des Idols hineinfügt, ist schier beeindruckend. Mimik, Gestik, Körperhaltung – all das sitzt perfekt. Dass er dann noch alle Songs selbst eingesungen hat, setzt der gesamten Perfomance dann noch die Krone auf. Was für eine meisterliche Leistung!

Aber auch der restliche Cast spielt beeindruckend auf: Elle Fanning, die die Künstlerin und Aktivistin Sylvie Russo spielt (als Synonym für die echte Suze Rotolo), sowie Monica Barbaro als Joan Baez, die Chalamet so manches Mal mit ihrer Stimme die Show stiehlt. Dass Dylan durch diese Frauen am meisten inspiriert wurde, macht Regisseur James Mangold mehr als deutlich.

Dass sich Mangold auf die fünf Jahre vor Dylans großem Durchbruch konzentriert, ist eine geniale Entscheidung. So kann er mit viel Liebe zum Detail zeigen, wie seine zeitlosen Songs wie „Blowin‘ in the Wind“, „The Times They Are A-Changing“ oder „Like a Rolling Stone“ entstanden sind, die letztendlich zu Hymnen einer ganzen Generation wurden.

Ein wichtiger Anker im Film ist das Newport Folk Festival, auf dem sich jedes Jahr die besten Folk-Sänger:innen versammeln. 1965 kommt es jedoch zu einem Eklat, als Dylan sich weigert, seine eigenen Folk-Songs zu singen. Er möchte stattdessen viel lieber mit seiner Band neue Stück spielen – mit seiner E-Gitarre. Ein absolutes No-Go in der Szene. Also kommt es, wie es kommen muss…

Vielleicht schafft es auch ein Timothée Chalamet nicht, uns den wahren Menschen hinter der dunklen Sonnenbrille näher zu bringen, aber ist das wirklich notwendig? LIKE A COMPLETE UNKNOWN kommt dem Mysterium Bob Dylan schon ziemlich nahe, aber wenn am Ende ein kleines bisschen Mysterium bleibt, ist das doch vollkommen in Ordnung…

Trailer

Im Rahmen der Berichterstattung
ab6

Originaltitel

A Complete Unknown (USa 2024)

Länge

142 Minuten

Genre

Biographie / Drama / Musik

Regie

James Mangold

Drehbuch

James Mangold, Jay Cocks

Kamera / Director of Photography (DOP)

Phedon Papamichael

Darsteller

Timothée Chalamet, Edward Norton, Elle Fanning, Monica Barbaro, Boyd Holbrook, Dan Fogler, Norbert Leo Butz, Scoot McNairy, Will Harrison, P.J. Byrne, Eriko Hatsune, Big Bill Morganfield

Verleih

Walt Disney Studios Motion Pictures Germany GmbH

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