Late Night With the Devil

Gründer und Chefredakteur von nochnfilm.de. Fan der kleinen, aber äußerst feinen Filme. Zwischendurch darf es auch gerne mal ein Blockbuster sein. In allen Genres zu Hause, aber ständig auf der Suche nach dem nächsten Lieblingsfilm.

Wer glaubt, LATE NIGHT WITH THE DEVIL wäre ein typischer Horrorfilm, der dürfte ziemlich enttäuscht den Kinosaal verlassen. Alle anderen werden durch einen verdammt ungewöhnlichen Genremix überrascht…

Halloween 1977, die quotenstärkste Woche im US-Fernsehen: Millionen von Zuschauern verfolgen eine ungewöhnliche Ausgabe der Late Night Show „Night Owls“ des Moderators Jack Delory (David Dastmalchian). Zu Gast sind u.a. der vorgebliche Magier und Mentalist Christou (Fayssal Bazzi), der Skeptiker Carmichael Haig (Ian Bliss) und das junge Mädchen Lilly (Ingrid Torelli), das angeblich von einem Dämon besessen ist. Was folgt ist eine Sendung, die aus gutem Grund mehr 40 Jahre im Giftschrank gelagert wurde. Bis jetzt.

Gerade erst hat LATE NIGHT WITH THE DEVIL als Deutschlandpremiere die Fantasy Filmfest Nights abgeschlossen, jetzt kommt der Horrorfilm ganz regulär in unsere Kinos. Moment mal, Horrorfilm? Nun ja, ein klassischer Vertreter des Genres ist der Film der australischen Brüder Cameron und Colin Cairnes eigentlich gar nicht. Jump Scares oder andere Schreckmomente sucht man hier nämlich vergebens. Aber das ist verdammt gut so. Denn der Film kann durch seinen ganz eigenen Stil überzeugen.

LATE NIGHT WITH THE DEVIL ist viel mehr ein Blick zurück in die 70er-Jahre, der erst zum Ende hin ein wenig in die Horrorgefilde abdriftet. Zudem suggeriert uns der Film, die zu sehende Episode einer Late Night Show wäre tatsächlich so geschehen und direkt nach der Ausstrahlung im Giftschrank des Senders gelandet. Das entspricht natürlich nicht der Wahrheit, aber wir befinden uns ja auch nicht in einer Dokumentation.

Die Idee zum Drehbuch kam den Brüdern bereits in den 80er-Jahren, als sie im Kindesalter aufbleiben durften, um „The Don Lane Show“ zu gucken, Australiens Antwort auf die „Tonight Show with Johnny Carson“. Dieser komische Typ, der zudem noch nicht einmal Australier war, sondern ein 1,90 m großer Nachtclubkünstler aus der Bronx, gelangte offenbar nur durch einen Zufall an die Moderation der erfolgreichsten Talkshow Australiens. Doch das Publikum war irgendwie von seinem Akzent und seiner sympathischen Art angetan.

„Don hatte großes Interesse an übernatürlichen Phänomenen und lud oft dubiose Hellseher oder Geisterjäger, die gerade in der Stadt waren, in die Show ein. An einem berüchtigten Abend verlor Don die Fassung, als der zum Skeptiker gewordene Magier James Randi Uri Gellers Löffelbiegetrick entlarvte. Don war so angewidert oder vielleicht auch beschämt, dass er kurzerhand das Set verwüstete und aus seiner eigenen Show stürmte! Er trug sein Herz immer schon auf der Zunge, was stets für eine spannende, fesselnde Sendung sorgte. Dieser bizarre Moment (ein „Charakter“-Moment, wenn es je einen gab) blieb uns im Gedächtnis und sollte schließlich den Ton des Films vorgeben, den wir machen wollten.“, so die Brüder.

Herausgekommen ist tatsächlich ein unfassbar interessanter Film, der vor allem durch seine unkonventionelle Umsetzung überzeugen kann. Zudem fangen Cameron und Colin Cairnes den Look der 70er-Jahre nahezu perfekt ein, sei es durch die grobkörnigen Bilder oder die für heutige Begriffe scheußlichen Kostüme. LATE NIGHT WITH THE DEVIL ist in erster Linie ein cleverer Blick in eine fast 50 Jahre zurückliegende Fernsehgeschichte, der zudem ein wenig im Horror-Genre wildert. Das ist keinesfalls negativ gemeint, denn ich habe mich in den 92 Minuten köstlich amüsiert.