Mit LAST CONTACT legt der estnische Regisseur Tanel Toom gerade erst seinen zweiten Film vor und kann mit einem internationalen Cast, einer guten Story, sowie eindrucksvollen Bildern aufwarten…
Im Jahr 2063 zeigt die heutige Klimakrise ihre Auswirkungen. Die Erde ist zu großen Teilen überflutet, es existieren nur noch zwei Kontinente und die befinden sich bereits seit längerer Zeit im Krieg. Auf einem Außenposten mitten im Meer befindet sich eine vierköpfige Crew (Kate Bosworth, Martin McCann, Lucien Laviscount und Thomas Kretschmann) im Ausnahmezustand. Die lang ersehnte Ablösung ist bereit seit längerer Zeit überfällig, was gewaltig an den Nerven zehrt. Dann nähert sich ein Schiff und alle stellen sich die Frage: Ist es die Rettung? Oder der Feind?
Als Tanel Toom 2019 seinen ersten abendfüllenden Film „Truth and Justice“ in Estland veröffentlichte, schlug dieser im wahrsten Sinne des Wortes ein wie eine Bombe und entwickelte sich zum Kassenschlager. Er wurde zum meistgesehenen Film des Landes, war 2020 Estlands Einreichung für den Oscar und schaffte es sogar auf die Shortlist in der Kategorie „Bester internationaler Film“. Natürlich standen ihm damit alle Türen offen und so begann er, an seinem nächsten Film zu arbeiten, den wir jetzt in den Kinos sehen können.
Mit LAST CONTACT beweist Tanel Toom, dass er zu Recht 2020 von Variety zu einem der „10 Europeans to Watch“ gewählt wurde. In seinem Film spinnt er clever den drohenden Klimawandel zu Ende und katapultiert uns in eine dystopische Welt auf einem Stück Stahl mitten im Meer. Während der Sichtung beim Filmfest München war mir ehrlicherweise nicht klar, ob Toom den Film wirklich auf einem solchen metallischen Ungetüm gedreht hat, oder nicht. Schließlich gibt es in der Themse-Mündung vor der Küste von Kent in England diverse alte Bohrtürme aus Eisen. Doch weit gefehlt, die Kulisse wurde in einem Studio in Estland vor einem Greenscreen gedreht, wie mit Toom im Interview verraten hat. Allerdings haben die Special-Effects-Künstler hier ganze Arbeit geleistet, denn die Bilder sehen wirklich verdammt echt aus.
Auch wenn LAST CONTACT thematisch dem Science-Fiction-Genre zugeordnet werden kann, handelt es sich im Grunde aber um ein Psycho-Drama auf beengtem Raum. Das ist keinesfalls abwertend gemeint – ganz im Gegenteil! Die Spannung, die hier zwischen den vier unterschiedlichen Charakteren herrscht, fängt Toom gekonnt mit der Kamera ein und lässt uns so quasi in die Köpfe schauen. Doch selbst wenn wir glauben, die Protagonisten zu verstehen, trifft uns am Ende ein völlig überraschender Twist, den mit Sicherheit so niemand vorhergesehen hat. Und genau das zeigt, wie viel Talent in dem jungen Esten steckt.
LAST CONTACT ist ein visuell beeindruckender Film mit einer exzellenten Figurenzeichnung und perfekt ausgewählten Darstellern. Und würde in dieswer Woche nicht auch noch der starke Horrorfilm „Talk to Me“ anlaufen, wäre dies hier glatt unser Film der Woche geworden.
Im Rahmen des Filmfest München stand mir der Regisseur Tanel Toom über den Dächern der Stadt Rede und Antwort.
Last Sentinel (Estland / Deutschland / Großbritannien 2023)
117 Minuten
Drama / Science-Fiction / Thriller
Tanel Toom
Malachi Smyth
Thomas Kretschmann, Kate Bosworth, Lucien Laviscount, Martin McCann
Weltkino Filmverleih GmbH