Fünf ausverkaufte Konzertwochen in Swinging London! Die britische Hauptstadt fiebert im Winter 1968 den Auftritten von Showlegende Judy Garland (Renée Zellweger) im prominenten West-End-Theater „The Talk of the Town“ entgegen. Die Premiere des Filmklassikers „Der Zauberer von Oz“, durch den sie weltberühmt wurde, ist bereits 30 Jahre her und ihre Stimme mag ein wenig an Strahlkraft verloren haben – aber auf ihre Gabe für dramatische Inszenierungen kann sie noch immer zählen. Und auch ihr feiner Sinn für Humor und ihre Herzenswärme zeichnen sie aus wie keine andere, bei den Vorbereitungen der Show, bei Begegnungen mit Freunden und treu ergebenen Fans ebenso wie in den Auseinandersetzungen mit dem Management. Selbst ihr Traum von der einen großen Liebe scheint nach vier Ehen noch immer ungebrochen und so stürzt sie sich in eine wilde Romanze mit Mickey Deans, ihrem zukünftigen fünften Gatten…
In JUDY zeigt Renée Zellweger eindrucksvoll, warum man sie viel zu früh abgeschrieben hatte…
Wer sich in den letzten Jahren über Renée Zellweger ausgelassen hat, der tat das meist über ihre fehlgeschlagenen Schönheits-OPs. Nachdem sie über viele Jahre keine großen Rollen mehr ergattern konnte, schien das für sie vermutlich die einzige Lösung zu sein. Und als sie plötzlich mit einem merkwürdig versteinertem Gesicht zurückkam und partout abstritt, sich unters Messer gelegt zu haben, war die Boulevardpresse natürlich angefixt. Niemand hat zu dem Zeitpunkt angeführt, was für eine großartige Schauspielerin doch in ihr steckt.
Als sie 2016 dann in ihre Paraderolle Bridget Jones zurückkehrte, keimte ein wenig Hoffnung auf. Irgendwie hatte sich das Gesicht ein klein wenig erholt und man achtete wieder vermehrt auf ihre schauspielerischen Leistungen. Jetzt in JUDY ist es unverkennbar, wie viel Talent in Zellweger steckt – schließlich ist sie es, die den Film komplett alleine trägt. Die Zerbrechlichkeit, die sie hier an den Tag legt, ist wahrlich mehr als eindrucksvoll.
Irgendwo in den sozialen Medien stieß ich in den vergangenen Tagen über die Aussage, die kritisiert, dass der Film ja gar nicht zeigt, warum Judy Garland zu solch einer Ikone wurde. Nun, das muss er auch gar nicht, denn dazu muss man sich einfach nur ihre Filme anschauen und sich ein wenig in die damalige Zeit zurückversetzen.
Regisseur Rupert Goold hat schließlich von vorn herein klar gemacht, dass er sich mit JUDY auf die letzen Jahre des Filmstars konzentrieren wolle. So erinnert der Film auch ein wenig an STAN & OLLIE, der sich im vergangenen Jahr mit dem Ende der Karriere des Komiker-Duos auseinandergesetzt hat. Genau wie Jon S. Baird hat Goold hier ein wunderbares Händchen dafür, einen echten Star verletzlich zu zeigen, ohne ihm seine Würde zu nehmen. Allein dafür verdient er den höchsten Respekt. Und wir alle verdienen noch viel mehr Filme, in denen Renée Zellweger zeigen kann, was sonst noch so in ihr steckt…
Judy (USA 2019)
118 Minuten
Biography / Drama
Rupert Goold
Tom Edge, nach dem Theaterstück „End of the Rainbow“ von Peter Quilter
Renée Zellweger, Jessie Buckley, Finn Wittrock, Rufus Sewell, Michael Gambon, Bella Ramsey
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