Interview mit Simon Pegg

Am 5. August haben Simon Pegg, Rosamund Pike und Peter Chelsom den Film HECTORS REISE ODER DIE SUCHE NACH DEM GLÜCK in Berlin vorgestellt. Wir haben die Gelegenheit genutzt, uns mit den beiden Schauspielern und dem Regisseur getroffen und mit ihnen über den Film gesprochen.

Herzlich Willkommen in Berlin!

Danke, es ist nett, wieder hier zu sein.

Freuen Sie sich, wieder in Berlin zu sein?

Ja, sehr sogar! Ich war bereits vor ein paar Monaten hier, um ein wenig vorbereitende Pressearbeit für den Film zu machen. Ich freue mich immer, nach Berlin zu kommen. Die Stadt ist nah und sie ist schön. Das klang vielleicht ein wenig übertrieben, aber ich finde es großartig, in einem Teil der Welt zu leben, in der so viele schöne Städte so dicht beieinander liegen und wir es einfach haben, uns gegenseitig zu besuchen.

Haben Sie trotzdem noch die Zeit, die Stadt an einem solchen Interviewtag wie heute zu erkunden?

(flüstert) Nein. (lacht laut) Aber dafür habe ich einen unglaublichen Blick aus meinem Fenster. Ich kann die Elefanten des Zoos von dort sehen. Das ist wirklich erstaunlich. Das letzte Mal habe ich Elefanten gesehen, als wir in Afrika gedreht haben. Ich hätte nicht erwartet, dass sich dieses Erlebnis in Berlin wiederholen würde.

Bleiben Sie denn jetzt auf diesem Kontinent? Tom Cruise startet ja in Kürze die Dreharbeiten zu Mission Impossible 5 in Wien. Sind Sie dann auch mit dabei?

Ja, Ende August geht es los.

Gibt es dazu vielleicht schon irgendetwas Interessantes zu erzählen?

Ich weiß leider noch überhaupt nichts darüber. Ich habe das Script noch nicht gesehen und weiß wirklich überhaupt nichts über die Story. Ich weiß nur, dass wir in Wien starten und ich dort noch nie gewesen bin. Daher bin ich schon sehr aufgeregt.

Aber warum nehmen Sie eine Rolle an, wenn Sie überhaupt nichts darüber wissen?

Das nennt sich „vertragliche Verpflichtung“. Als ich für den ersten Teil unterschrieben, habe ich für eine Vielzahl von weiteren Teilen unterschrieben. Ich bin darüber aber sehr froh und freue mich auf die Zusammenarbeit mit Christopher McQuarrie (dem Regisseur). Ich liebe es zudem, mit Tom Cruise zu arbeiten und außerdem bedeuten diese großen Filme auch immer jede Menge Spaß. Ich weiß, was mich dort erwartet, also gehe ich nicht vollkommen blind in die Dreharbeiten. Und ein Teil der Verinbarung zum vierten Teil war es eben, einen fünften zu drehen. Ich habe da keine Wahl.

Sie sind inzwischen in so viele Franchises involviert, wie z.B. Mission Impossible, Star Trek. Wie finden Sie trotzdem die Zeit, einen Film wie diesen zu drehen?

Man macht es einfach. Filme wie Star Trek oder Mission Impossible passieren einmal in drei oder vier Jahren und dazwischen ist jede Menge Zeit. Man muss seine Zeit nur vernünftig planen. Für jeden großen Film versuche ich eine Handvoll kleinerer Filme zu drehen, die dann persönlicher und ernster sind. Wobei „ernst“ vielleicht der falsche Begriff ist – vielleicht vielmehr weniger von der Unterhaltung angetrieben und nachdenklicher.

Hat denn die Produktionsfirma eines Blockbusters das Recht zu bestimmen, wann Sie wo zu sein haben?

Ja, das haben sie. Das ist im gewissen Sinne der Preis, den man dafür bezahlt. Aber es ist kein teurer Preis, denn ich mag es genauso, einen Blockbuster zu drehen, wie einen kleinen Film. Es ist nur eine andere Art der Freude. Also ja, Paramount hat das Recht, den Ort und die Zeit des Drehs zu bestimmen. Bislang ist das aber auch noch nie mit einem anderen Film kollidiert. Aber irgendwann wird es das vielleicht einmal.

Sehen Sie sich selbst als eine glückliche Person und falls ja, war es eine lange Reise bis dorthin?

Ja, ich bezeichne mich durchaus als einen glücklichen Menschen. Es war eine 44-jährige Reise. Es ist ein Zeitpunkt in unserem Leben, an dem wir alle zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt ankommen – mache von uns nie uns und manche sehr früh. Es geht darum, herauszufinden, welchen Platz man im Universum oder in der Welt einnimmt. Um weniger spirituell oder pragmatisch zu klingen: Es geht darum, herauszufinden, wer Du bist und was das alles für Dich bedeutet. Wenn Du irgendwann ein tieferes Verständnis dafür hast, was das ist, ermöglicht es es Dir, auch sonst im Leben glücklich zu sein. Es gibt viele Dinge, die Dich kurzfristig glücklich machen können, ob nun Musik hören, shoppen gehen oder essen, aber so lange Du nicht im Innern grundlegend glücklich bist, dann machen Dich solche Dinge nicht wirklich glücklich. Uns werden immer wieder schnelle Lösungen angeboten, glücklich zu werden nach dem Motto „Iss dies“, „trink das“, „sei so“ oder „gehe dorthin“. Aber das ist nicht der Fall, so lange man nicht auf einer tieferen Ebene glücklich ist.

Was macht Sie auf die Schnelle glücklich?

Snowboarding. Aber auch mit meiner Familien Zeit verbringen zu können. Obwohl das mehr die tiefere Ebene betrifft. Zu den Dingen, die mich kurzzeitig glücklich machen, zählt in jedem Fall Sport.

Hat Tom Cruise Ihnen nicht sogar Ihr erstes Snowboard geschenkt?

Nein, er hat mir EIN Snowboard geschenkt, aber das war nicht mein erstes.

Dürfen Sie denn überhaupt noch snowboarden gehen?

Nein, nicht wenn ich arbeite, natürlich aus Versicherungsgründen.

Was macht Sie denn unglücklich?

Kein Snowboard fahren zu dürfen aus versicherungstechnischen Gründen. (lacht) Aber auch Inaktivität. Ich liebe es, zu arbeiten und aktiv zu sein. Von den Dingen abgehalten zu werden, die mein Glücklichsein steigern – das macht mich unglücklich. Das ist zwar sehr offensichlich, aber es stimmt.

Vielleicht aber auch das Schauen der Nachrichten?

Im Moment auf jeden Fall! Schrecklich! Ich hasse es, so viele Menschen zu sehen, die in die Auswirkungen des Glaubens und der Ziele von kleinen Gruppen hineingezogen werden. Das ist irrsinnig! In unserer gesamten Geschichte werden wir immer wieder dazu gedrängt, für die Bedürfnisse solch kleiner Gruppen bezahlen zu müssen. Verbissene Menschen mit agressiven Zielen, die nur dann glücklich sind, wenn sie das Laben anderer zerstören können. Schrecklich. Ich wünschte, wir hätten das überwunden, aber dem ist leider nicht so.

Haben Sie durch den Film irgendetwas über Glück erfahren, dass Sie vorher noch nicht kannten?

Es hat vielmehr meine Sichtweise auf einige Dinge geändert. Dinge, die wir womöglich alle kennen, wenn auch vielleicht nur unterbewusst. Die Aussage, dass Unglück zu vermeiden nicht der Weg ist zum Glück, ist für mich auch der wichtigste Spruch, der im Film genannt wird. Das ist das, was uns der Film wirklich sagen will. Es ist wichtig, jede Facette unseres emotionalen Spektrums anzunehmen. Um zu wissen, was Glück bedeutet, muss man Angst kennen oder einsam sein. All das ist wichtig um die wahre Bedeutung von Glück zu verstehen. Ansonsten kann man wahres Glück nicht erfassen.

Ich habe Menschen in verschiedenen Ländern in purer Verzweiflung gesehen, wie z.B. die Bewohner in den Vororten von Südafrika, Soweto und den Townships von Brazzaville, die täglich von der Hand in den Mund leben, die mehr überleben als zu leben, aber die dennoch ein ehrlicheres Verständnis von Glück haben, als die Menschen, die in der Überflussgesellschaft leben, die weniger glücklich sind, obwohl sie mehr haben. Das klingt vielleicht sehr reduziert und es ist einfach gesagt, dass man glücklicher ist, je weniger man hat, aber man kann darüber streiten. Aber wenn man ein Leben führt, das auf dem Überleben basiert, dann hat man ein klareres Verständnis von Glück, denn man erkennt es, wenn es zu einem kommt.

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Was war Ihre größte Erfahrung während der Dreharbeiten auf der ganzen Welt.

Das gab es sehr viele, denn es hat sich eigentlich so angefühlt, als ob man fünf verschiedene Filme gedreht hätte, weil wir an so viel unterschiedlichen Orten waren. Aber wahrscheinlich waren es die Momente in Südafrika. Der Dreh mit den echten, wilden Löwen war aufregend. Was man im Film nicht sieht, sind die Menschen um mich herum, die mit Tazern bewaffnet sind und der Zaun, den man hochgezogen hätte, wenn die Löwen sich uns bis auf zehn Meter genähert hätten. Das war schon sehr aufregend, denn ich war derjenige, der den Löwen am nächsten stand.

Wie viel Angst hatten Sie in diesem Moment?

Ich hatte nicht wirklich Angst, bis ich mich umgesehen habe und sah, wie die gesamte Crew sich in einem Minibus hinter einem Zaun verschanzt hatte. Da war mir klar, dass sie da drin waren für den Fall, dass ich gefressen werde und die Löwen an mir vorbei zu ihnen kommen würden. Das war ihre Absicherung. Aber es war okay. Es waren sehr schöne Tiere, aber sie können schneller beschleunigen als ein Formel-1-Wagen. Also musst Du sehr vorsichtig sein.

Ist denn irgendetwas Schlimmes passiert?

Ja, einer der Toningenieure wurde gefressen. (lacht)

Können Sie jetzt sagen, in welchem Land Ihrer Meinung nach die glücklichsten Menschen leben?

Von außen betrachtet scheint es für mich Afrika zu sein. Dort habe ich das meiste Glück gesehen. Es ist eine interessante Gesellschaft in einem Zustand nach der Apartheid. Zur gleichen Zeit ist die Apartheid aber nicht verschwunden, denn in der Gesellschaft wird sie vielleicht noch Hunderte von Jahren weiter existieren, da die Strukturen der Apartheid immer noch vorhanden sind. Es ist ja nicht so, als ob Nelson Mandela mit einem Zauberstab gekommen wäre und jetzt alles toll ist. Es gibt immer noch sehr viel Armut und Verzweiflung und trotzdem habe ich dort mehr Freude gespürt als sonst irgendwo während des gesamten Trips. Ich habe mehr lächelnde Menschen im Township von Brazzaville gesehen, als in der Innenstadt von London, wo die Leute grimmig durch die Straßen laufen. In Brazzaville hingegen, wo die Menschen in Hütten und von fast nichts leben, haben sie viel mehr gelächelt und gewunken. Das ergibt zwar eigentlich keinen Sinn, aber es war so.

Können Sie sich das erklären?

Ich glaube, sie haben einfach ein klareres Verständnis darüber, was es bedeutet, glücklich zu sein. In unserer Gesellschaft des Überflusses haben wir so viele Möglichkeiten, dass wir quasi davon gelangweilt sind. „Was soll ich essen? Das? Oder das? Oder das? Oder das? Dort gibt es nur ein „Ich muss das hier essen, ansonsten sterbe ich“. Das polarisiert Dein Empfinden, denn so weißt Du genau, was Glück ist, denn Du weißt was Elend ist, da Du es gerade gestern erst gefühlt hast. In der westlichen, kapitalisierten Welt werden wir hingegen ständig mit Dingen bombardiert, die wir tun, essen oder sehen können. So sind wir durch die Auswahl so verwöhnt, dass es uns schwer fällt, uns zu entscheiden. Was in gewissem Sinne bizarr ist.

Auf dem Weg zum Glück müssen wir immer wieder Barrieren überwinden. Was war ihre größte Hürde, die Sie dazu überwinden mussten?

Wahrscheinlich waren das Verpflichtungen. Bevor ich eine Familie gegründet habe, war Verpflichtung etwas schlechtes. Als ich dann ein Kind bekommen habe, war mir klar, dass ich das vielleicht schon ursprünglich hätte tun sollen. Auch wenn das vielleicht sehr kontrovers klingen mag, aber wir sind doch eigentlich nur aus einem Grund hier auf der Welt, nämlich mehr von uns zu erschaffen. Dafür sind wir hier. Auf einer sehr tiefen, genetische Ebene in der Doppelhelix können wir uns vielleicht heraus reden oder wir machen etwas anderes, das uns glücklich macht. Aber ich denke, für viele von uns geht es nur darum, das zu tun, wofür wir hier sind. Als meine Tochter zur Welt kam war mir plötzlich klar, was ich zu tun hatte. Jetzt kann ich entspannen, anstatt fragend durchs Leben zu laufen: „Was mache ich? Warum bin ich hier? Wofür ist das gut? Warum muss ich dies oder das tun?“ Nein, ich musste nur das hier tun. Es war so einfach, zumindest für mich.

Geht es beim Glück denn mehr um Liebe oder mehr um Freundschaft?

Es kann dabei um alles gehen. Es geht darum, mit der Welt in Einklang leben zu können. Darum geht es zumindest bei mir persönlich. Ich habe das Gefühl, dass mein Glücklichsein darauf basiert, meine Art von biologischer Notwendigkeit entdeckt zu haben. Und jetzt, wo ich das getan habe, habe ich das Gefühl, glücklicher sein zu können. Aber ja, ich finde mein Glück auch in Freundschaften, denn ich liebe meine Freunde und Liebe ist sehr, sehr wichtig.

Im Film wird ja die Frage aufgestellt, ob es Glück wäre, wenn man mehrere Frauen gleichzeitig lieben könnte. Das ist eine unglaublich naive und männliche Denkweise. So als ob es okay wäre, mit jeder Frau zu schlafen, solange meine Freundin es nur okay findet. Dabei geht es doch nur darum, dass ein Mann das ausleben kann, was in seiner DNS liegt – sich zu vermehren, also mehr und mehr von seinesgleichen in die Welt zu setzen. Gegen solche Ideale muss man sich in der modernen Gesellschaft wehren, wenn man glücklich sein möchte, so wie ich es mir vorstelle.

Ich habe selbst Freunde, die noch nicht zur Ruhe gekommen sind und viel Sex haben. Die haben viel Spass, aber sie sind nicht wirklich glücklich, denn es gibt ein tieferes Glück, dass Du durch Freundschaft erreichen kannst. So muss man um diesen Impuls vielleicht eher einen Bogen machen. Aber nicht viele Männer können das und verbocken es, indem sie die falsche Richtung einschlagen.

Was ist der Unterschied zwischen Zufall und Glück?

Zufall ist wie eine Fügung oder ein Schicksal. Zufall sind eben Dinge, die zufällig passieren, während Glück etwas ist, nach dem man aktiv streben kann und das man durch Anstrengung erreichen kann, was man mit Zufall nicht kann. Das passiert halt einfach.

Wie gelingt es Ihnen, Ihr Familienleben mit ihrer Arbeit in Einklang zu bringen, gerade wenn Sie dafür so viel reisen müssen?

Man muss sich dafür einfach die Zeit schaffen. Man kann keines davon auf Kosten des anderen haben. Ich lehne auch bewusst Angebote ab oder nehme sie an, um Zeit mit meiner Familie verbringen zu können. Manchmal kann ich das nicht, da habe ich dann keine Wahl, aber manchmal habe ich auch die Möglichkeit, sie mitzunehmen. Das Wichtigste für mich ist aber mein Familienleben und mein normales Leben zu Hause. So lange ist das habe, kann ich auch das andere Leben genießen.

Ich kenne auch Menschen, die nur arbeiten und sich von Job zu Job zu Job hangeln. Diese Menschen haben kein wirkliches Leben oder es findet in einem anderen Bereich statt. Ich weiss nicht, ob sie das glücklich macht oder ob sie vor etwas davon laufen. Ich persönlich kann das aber nicht, denn ich möchte ein normales Leben haben und die Exkremente meines Hundes aufsammeln. Das für mich ein normales Leben. Das ist kein Hobby, sondern etwas, das ich immer machen möchte. Ich möchte niemanden haben der das für mich erledigt.

Haben Sie selbst schon einmal die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch genommen?

Ja, ich habe eine sehr lange Zeit in einer Nervenheilanstalt verbracht. (lacht) Nein, natürlich nicht, und wenn dem so wäre, dann würde ich hier nicht darüber reden. Das ist eine äußerst persönliche Angelegenheit. Wir alle haben doch unsere psychiologischen Probleme und die Psychiatrie wird oftmals als die Wissenschaft der Wohlhabenden belächelt. Das ist sie auch vielleicht, denn sie ist extrem teuer. Aber vielleicht würde es jedem gut tun, mit irgendwem darüber zu sprechen, was im Kopf vorgeht. Es gibt oder gab doch immer irgendetwas, was uns vielleicht im Kindesalter passiert ist und was wir nie wirklich verarbeitet haben. Das ist ja, worum es im Film auch geht, nämlich mit seinem inneren Kind in Kontakt zu bleiben, denn in der Kindheit wurden viele unserer Ansichten oder Reaktionen auf Liebe oder Sex geformt. Du musst in der Lage sein, dich einfach daran erinnern zu können, warum du etwas so fühlst, wie Du es gerade fühlst. Als Erwachsener kannst Du es dann modifizieren. Einige Menschen entgegen Dingen auf dieselbe Art und Weise wie als Kind und das ist komplett ungesund.


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Wie sehr hat Ihnen die Schauspielerei dabei geholfen, mit ihrem inneren Kind Kontakt zu halten?

Ein bischen bestimmt. Obwohl man doch nur so tut als ob. Einige Schauspieler erzählen bestimmt, dass es doch nur etwas grässlich Künstliches ist und mitunter mag das auch stimmen. Machmal ist es aber schwierig, wenn man Gefühle nachahmen muss, die schwierig sind., wie z.B. Angst oder selbst Liebe, denn Dein Körper ist verwirrt und fragt sich, ob er jetzt in diese Person verliebt ist oder diese Person dich jetzt töten will. Das kann sehr ermüdend sein, aber im Allgemeinen ist Schauspielerei nur ein Spiel und das macht Spaß.

Hat Ihnen die Figur des Hector gefallen oder war es schwierig, sich in diese Rolle zu versetzen?

Nun, er ist um einiges schwieriger als die Charaktere, die ich vorher gespielt habe. Bislang war ich mehr das ewige Kind, bzw. derjenige, der partout nicht erwachsen werden kann. So waren es z.B. in SHAUN OF THE DEAD oder THE WORLD‘S END Figuren, die sich verzweifelt an ihrer Kindheit festgeklammert haben und das in einer äußerst kränklichen Art und Weise. Hector hingegen hat seine Kindheit ausgesperrt, vermutlich bereits im Alter von zehn Jahren, und hat seitdem nicht zurück geblickt. Daher ist er nicht in der Lage, ein Kind zu sein. Aus diesem Grund war die Rolle interessant, obwohl ich ihn zuerst nicht wirklich mochte. Er ist in gewissem Sinne abgeriegelt und das lässt ihn ein wenig kalt und unerreichbar erscheinen. Ich glaube aber, dass er das weiß und dass es noch einen Funken Güte in ihm gibt. Er erkennt, dass er ein Problem hat. Der erste Schritt, um ein Problem zu lösen, ist zu verstehen, das man eines hat. Hector erkennt zumindest, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Aber er bekommt es nicht auf die Reihe. Das erste, was er tut, ist beinahe seine Freundin zu betrügen und man denkt sich dabei „Ach Mensch, das ist doch nun wirklich nicht der Weg zum Glücklichsein“. Aber letztendlich mochte ich ihn sehr. Er begibt sich auf eine Reise und er lernt etwas dabei.

Haben Sie das Besuch gelesen, bevor das Angebot kam?

Nein. Als das Angebot kam, hatte ich das Gefühl, mir die Geschichte als Drehbuch anzuschauen und nicht als Roman. Manchmal ist es schwierig, wenn Du das Buch gelesen hast und dann das Drehbuch, weil Du dich vielleicht an Elemente des Romans klammerst, die im Drehbuch gar nicht mehr vorkommen. So war es besser sich nicht an Elemente zu gewöhnen, die es später vielleicht gar nicht mehr gibt. Daher habe ich das Buch nicht gelesen.

Wovor haben Sie Angst?

Vor alle den großen Dingen wie Tod, Menschen oder eben die Dinge zu verlieren, die mich glücklich machen. Wobei ich vor dem Tod vielleicht gar nicht so viel Angst habe, denn der wirkt sich viel mehr auf die Menschen aus, die zurückbleiben, als auf Dich selbst. Es sei denn, man wird von Tigern auseinander gerissen. (lacht)

Agnes sagt im Film, dass die größte Angst, die sie hat, ist, dass alles irgendwann verschwindet. Ich glaube davor habe ich auch Angst. Momentan bin ich sowohl im Job als auch zu Hause sehr sehr glücklich und der Gedanke, dass das einmal nicht mehr so sein könnte, ist sehr beängstigend. Ich hatte aber auch mal Angst vor Spinnen.

Wie haben Sie das überwunden?

Indem ich Frau und Tochter habe, die sie auch nicht mögen und indem ich der einzige im Haus bin, der sie beseitigen kann. Und dadurch, dass ich auf dem Land lebe, wo sie die Größe von Kleinwagen haben. Da muss man dann einfach seinen Mann stehen und sich selbst sagen: „Moment mal, das ist doch nur so ein kleines Ding. Das ist in Ordnung. Es wird mich schließlich nicht verschlingen.“

„Hector“ ist Ihre bislang ernsteste Rolle und zugleich Ihre bislang beste Darstellung. Können Sie sich vorstellen, in Zukunft mehr ernste Rollen zu spielen?

Oh danke. Ich würde das sehr gerne und habe das auch irgendwie auch als eine Art der Möglichkeit gesehen. Es ist schwierig, wenn man so viel Comedy macht, weil einen die Menschen dann nicht ernst nehmen können, denn das was Du tust ist von Natur aus nicht ernst – es ist Comedy. Das ist für mich eine Chance um zu zeigen, dass ich vielleicht auch in der Lage bin, etwas ernsteres zu spielen. Ich würde es gerne machen, wenn die Leute mich lassen. Manchmal wollen die Menschen das aber nicht sehen und sagen „Mach das nicht“!

Wenn Sie die Comedy nicht aufgeben, wie steht es denn um einen neuen Film mit Nick Frost? Ist da irgendetwas in Planung?

Absolut. Aber auch das könnte es ernstes werden, wer weiß…

Viele Menschen wissen nicht, dass Nick mein bester Freund ist und wir uns immerzu sehen. Wir hängen zusammen rum und es ist okay, wenn wir nicht unbedingt einen neuen Film zusammen machen. Das ist kein Problem, denn wir sehen uns trotzdem ständig. Aber ich will mit Nick wieder zusammenarbeiten und Edgar Wright und ich wollen definitiv wieder zusammen etwas schreiben. Das wird also in den nächsten, sagen wir mal 5 Jahren passieren.

Vielleicht eine neuen Trilogie?

Vielleicht. Aber vielleicht auch nur ein alleinstehender Film. Wir haben in den letzten zehn Jahren drei Filme zusammen gemacht, also habe wir in den kommenden zwanzig oder dreissig Jahren noch die Möglichkeit, zusammen Filme zu machen. Das macht mindestens neun Filme.

Haben Sie nicht sogar vier Filme mit Nick gedreht?

Stimmt, wir haben ja auch noch Paul gedreht. Wir können also noch mindestens zwölf weitere Filme drehen, bevor wir abkratzen.

Welche Filme in der Geschichte des Films habe Sie am meisten beeinflusst?

Als Drehbuchautor war das sicherlich RAISING ARIZONA von den Coen Brothers. Aber wahrscheinlich auch als Filmemacher, denn der Film hat mir gezeigt, dass bei einer Komödie nicht nur das Drehbuch lustig sein muss. Das kann auch die Art sein, wie sich die Kamera bewegt oder der Stil der Performance. Comedy bedeutet nicht nur, eine Kamera auf lustige Menschen zu halten, sondern viel, viel mehr.

Als Schauspieler oder Filmliebhaber würde ich zu den populären Filmen der 70er Jahre zurückgehen. STAR WARS und RAIDERS haben mich dazu gebracht, den Film und das Kino zu lieben, das ich selbst auch machen wollte, so wie STAR TREK oder MISSION IMPOSSIBLE. Aber genauso mag ich auch die Filme von Woody Allen oder Martin Scorsese. Es gibt viele, viele Film, die mich inspiriert haben.

Es gab mal eine Zeit, in der Sie ein Bett mit Nick Frost geteilt haben. Was sind ihre Erinnerungen daran?

Sich unbehaglich fühlen? (lacht) Nein, nicht körperlich unbehaglich, sondern vielmehr der Raummangel war das Problem. Ich habe es immer als angenehm empfunden, ein Bett mit ihm zu teilen. Das war kein Problem. Da gab es keine Angst vor Homophobie, falls wir uns verliebt hätten, denn wir hatten uns bereits verliebt. (lacht)


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Sie haben bereits so viele bekannte Schauspieler in ihren Filmen untergebracht und jetzt ist Rosamund Pike bereits zum zweiten Mal dabei. Glauben Sie nicht, dass es langsam an der Zeit ist, dass die James-Bond-Produzenten sie einmal bitten, in einem ihrer Filme aufzutreten?

Ja, ich versuche das schon seit vielen Jahren anzudeuten. (lacht) Aber ich weiss es nicht und ich denke durch meine Rolle in Mission Impossible, was ja im Prinzip die amerikanische Version von James Bond ist, habe ich meine Rolle als Spion bereits gespielt. Aber man soll niemals nie sagen. Das habe während meiner Karriere gelernt. Sag niemals nie, denn sobald Du so etwas sagt, kommt es um die Ecke. Man weiß halt nie.

Besteht die Möglichkeit, dass Sie Ihre Rolle in Dr. Who noch einmal spielen werden?

Ich weiß es nicht, aber ich glaube dadurch, dass meine Figur gestorben ist, wohl eher nicht. Aber gerade bei Dr. Who weiss man es nie so genau, denn dort existiert alles in der Zeit und man kann jederzeit darin zurückgehen. Aber ich weiss es halt nicht. Dr. Who ist inzwischen aber so dermassen gut geworden. Es ist wieder zu etwas Phänomenalem geworden und das ist gut so.

Sie habe ja bereits mehrmals mit Tom Cruise gearbeitet. Was können Sie über ihn sagen, ohne nur zu sagen, dass er ein netter Kerl ist? Gibt es irgendetwas Besonderes über Tom Cruise, das man wissen sollte?

Er ist halt ein konstanter Profi, der sich über die Jahre ständig weiterentwickelt hat. Er hat ein geniales Verständnis was es bedeutet, in Filmen mitzuwirken. Er macht den Entstehungsprozess eines Filmes sehr angenehm und ist sehr großzügig. Es macht Spaß, im zuzusehen, denn er hat ein Verständnis für alle Facetten des Prozesses. Er steckt in allem drin und bemerkt alles und das sogar meist bevor der Aufnahmeleiter es bemerkt, egal ob es um Kostüme, das Drehbuch oder die Produktion geht. Es ist interessant, in seiner Nähe zu sein. Und er ist aufregend, denn er ist Tom Cruise.

Schwärmen sie immer noch für andere Schauspieler?

Ja, natürlich! Ständig! Ich versuche, mit diesem Aspekt von mir in Verbindung zu bleiben, denn ich bin als großer Filmfan aufgewachsen. Wenn ich einen Schauspieler treffe, den ich sehr bewundere – und es ist ganz egal, wer es ist, selbst wenn ich ihn oder sie nur aus einem ganz kleinen Film kenne, oder vielleicht aus dem Kinderprogramm im Fernsehen, dass ich mit meiner Tochter schaue – versuche ich mich immer daran zu erinnern, wie aufregend das ist.

Wie nah liegen in Ihrem Job Erfolg, Zufall und Glück beieinander?

Der Erfolg muss in jedem Fall komplett am Glück bemessen werden. Du kannst der größte und berühmteste Schauspieler sein, Du kannst Ruhm und Glück zugleich haben, aber trotzdem um alles beraubt und selbstmordgefährdet sein, wenn Du nicht glücklich bist. Du kannst einen Job haben, in dem Du Pferdemist schaufelst, aber wenn Dich das glücklich macht, dann hast Du Erfolg – einen größeren Erfolg als die berühmteste und reichste Person der Welt, die aber vielleicht am seidenen Faden hängt. Erfolg hat also nichts mit alledem zu tun. Viele Menschen reden sich ein, dass Erfolg mit materiellem Reichtum zusammenhängt, damit, viel Geld zu haben. Aber das ist nicht der Fall. Erfolg bedeutet glücklich zu sein. Für mich ist das der Fall.

Und Zufall ist gut, aber Du kannst in diesem Business nicht dauerhaft existieren, wenn Du Deinen Job nicht gut machst. Du musst einfach gut in Deinem Job sein, denn das Glück wird nicht allzu lange anhalten. Es ist nur eine flüchtige Erscheinung.

Würden Sie sagen, dass er Erfolg für Sie zur rechten Zeit gekommen ist?

Ja, ich glaube schon, obwohl ich danach nicht aktiv gesucht habe, als ich jünger war. Ich bin immer irgendwie freilaufend durchs Leben getrudelt. Ich war nicht wirklich hungrig nach Erfolg. Alles was ich immer wollte, war glücklich zu sein. Ich glaube, dass das die Wahrheit ist und das die Dinge sich einfach so entwickelt haben, wie es gut für mich war.

Wie sehr mögen Sie es, berühmt zu sein?

Ich liebe es nicht. Das ist jedenfalls nicht der Grund, warum ich den Job mache. Die Menschen glauben, dass es das Ergebnis davon ist, aber ich denke, dass es eher ein Nebenprodukt ist – und schon gar nicht immer ein komplett positives. Ich will mich nicht beschweren, es kann nützlich sein, um manchmal einen Tisch im Restaurant zu bekommen, aber es bedeutet auch, dass Du kein normales Leben führen kannst. Du kannst nicht mehr anonym bleiben und hast immer das Gefühl, dass Dich die Menschen beobachten, was nicht besonders schön ist.

Sie sind sehr aktiv auf Twitter. Wo ziehen sie dort den Trennstrich, um nicht zu viel von sich preiszugeben?

Du konstruierst es einfach so, wie es passt. Twitter ist, wie ich finde, ein sehr interessantes Ding. Es ist ein äußerst effektives verkaufsförderndes Werkzeug. Wenn die Zeit reif ist, kann man es verwenden um z.B. diesen Film zu promoten. Aber man muss es trotzdem interessant gestalten und ein wenig Persönliches von sich selbst preisgeben, um das Interesse aufrechtzuerhalten. Es darf nicht nur ein mathematischer Faktor in Deiner Vermarktung sein. Also versuche ich, es interessant, lustig und ehrlich zu machen. Ich mache das komplett selbst, was mir manche nicht glauben.

Was hat es mit dem #roswatch Tag auf sich, dass Sie immer mal wieder verwenden?

Das hat begonnen, als Rosamund Pike und ich ein paar Nachdrehs zu THE WORLD‘S END hatten. Ich habe live getweetet, dass sie gerade ein Nickerchen macht. Sie kam gerade aus Amerika und war äußerst müde. Wir saßen beide zusammen und ich fragte sie, ob sie nicht am liebsten auf dem Fußboden schlafen würde. So saß sie in ihrem Stuhl und ist sofort eingeschlafen. Ich saß auf meinem Platz und habe angefangen, über ihr Nickerchen zu tweeten: „Sie schläft immer noch #roswatch“. Und hat sich #roswatch selbständig gemacht. Immer wenn ich sie sehe – und sie weiß, dass ich das tue – tue ich so, als sei sie der Yeti oder der Bigfoot und ich berichte über ihre Sichtung. Aber sie weiß das und es ist in keinster Weise gruselig.

Ist es für Sie vielleicht seltsam, auf einmal der Experte für das Glücklichsein zu sein?

Wir arbeiten jetzt schon eine ganze Zeit an dem Film und ich habe zu dem Thema schon eine ganze Menge erzählt. Während dieser Zeit habe ich dann gewisse Vorstellungen gefestigt, die ich zu dem Thema hatte. Also denke ich, dass ich vielleicht ein wenig fließender auf dem Gebiet bin, weil jedes Interview zu diesem Film auch eine Art von Therapie darstellt, wenn man ständig gefragt wird, was dich glücklich macht. Aber darum geht es in dem Film ja auch.

Ohne Ausnahme hat mich jeder, dem ich den Film bislang gezeigt hat, am nächsten Tag angerufen oder mir eine E-Mail geschrieben und erzählt, dass er/sie immer noch über den Film nachdenkt: „Er hat mich dazu gebracht, über mein Leben nachzdenken und mir darüber klar zu werden, was mich glücklich macht.“ Das ist das Beste, was Kunst schaffen kann – Dich zum Nachdenken anzuregen und Deine Ansichten zu überdenken.

Ich denke, dass die Unterhaltungsindustrie eine überbewertete Funktion hat, die sicherlich ihren Platz hat. Aber manchmal schaut man sich einen Film an und am nächsten Tag weiß man nicht mehr, was man dort gesehen hat. Aber wenn Dich ein Film das Kino nachdenkend verlassen lässt, selbst wenn das auf eine schwierige oder herausfordernde Art und Weise geschieht, dann ist das das Beste, was passieren kann. Es hat Dich ein wenig verändert oder zumindest dazu gebracht, einen Blick zurückzuwerfen, ob Du Deinen Lebensentwurf jetzt anders betrachtest.

Haben Sie noch einen Traum?

Einfach weiter zu arbeiten und weiter glücklich zu sein. Die Arbeit macht mich glücklich und ermöglicht es mir, meine Familie zu unterstützen. Mein Traum ist es wirklich, das weitermachen zu können, was ich tue. „Keep on keeping on“.

In diesem Sinne, vielen Dank für das Interview

 

Das Interview haben wir mit Simon Pegg am Dienstag, dem 5. August 2014 in Berlin im Rahmen der Deutschlandpremiere des Filmes HECTORS REISE ODER DIE SUCHE NACH DEN GLÜCK geführt.


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